Viele deutsche Liberalkonservative lehnen sowohl Nationalkonservatismus, als auch „Querdenken“ ab – jedoch nur bei ihren Landsleuten, nicht hingegen im Ausland.
Während sich Thilo Sarrazin mit Werner Patzelt, Karlheinz Weißmann und JF-Chefredakteur Stein einig sind, dass die AfD sich „selbst zerlege“, wenn sie nicht genügend Abstand zur „esoterischen“ Querdenkerszene hielte,[1] sieht man andererseits die österreichische FPÖ unter Kickl und den französischen Rassemblement National (RN) als geistig „Verbündete“.
Obwohl Parteien dieser Art – erstens – von ihrem Wesen her eindeutig mehr patriotisch-„nationalkonservativ“ als liberalkonservativ sind, weil sie den grundlegenden Dissens zwischen Nation und globalistischen Eliten zur Gretchenfrage erheben. Zweitens den geforderten Abstand zur protestierenden „Straße“ eben gerade nicht einhalten. Und – drittens – durchaus „querdenkend“ sind, insofern sie „rechte“ und macht- und sozialkritische (also klassisch „linke“) programmatische Elemente verknüpfen.
Sogar die mitreißende Rede des sehr migrations- und islamkritischen französischen parteilosen Konservativen Eric Zemmour – der in Deutschland sicher unter Beobachtung des Verfassungsschutzes geriete – findet im liberalkonservativen Lager – bemerkenswert unkritische – Beachtung.
Alles schön und gut; nur: wo bleibt die Logik dahinter?
Seit Jahren beklagen Liberalkonservative in Unionsparteien und FDP zu Recht einen Ruck nach „Linksgrün“, Massenmigration aus islamischen Staaten und die Transfer-/Haftungsunion innerhalb der EU, neuerdings auch Klima- und Coronadiktatur (auch wenn sie „seriösere“, „diszipliniertere“ Begrifflichkeiten verwenden). Dennoch zieht selbst die „Werteunion“ eine Koalition mit der AfD nur in Betracht, wenn deren nationalkonservativer Flügel (das „Geflügel“) verschwindet. Eine so amputierte Allianz aus neokonservativen „Wirtschaftsliberalen“ bis Libertären und „Kreml“-gegnerischen Transatlantikern – womöglich unter Führung von Friedrich Merz – könnte Deutschlands Absturz allenfalls etwas abbremsen, aber nicht aufhalten.
Jüngst berief sich der liberalkonservative EU-Parlamentarier Nicolaus Fest (AfD) zur Legitimierung des typischen „Dusch-mich-aber-mach-mich-nicht-naß“-Kurses im Gespräch mit dem strategischen Kopf des RN, Philippe Olivier, auf die rechtzeitige Abkehr von Jean-Marie Le Pens „altrechtem“ und zum Teil wohl antisemitischem Kurs durch seine Tochter Marine le Pen („Was könnte die AfD vielleicht vom Rassemblement lernen und übernehmen?“).[2] Womit Fest subtil insinuiert, Deutschlands neue Rechte bzw. der nationalkonservative AfD-Flügel sei völkisch im nationalsozialistischen Sinne oder hätte einen solchen Schwenk jedenfalls ebenfalls bitter nötig. Ein Beispiel dafür, wie führende Liberalkonservative immer wieder mit Dreck aus der Munitionskammer des linksliberal-grünen Lagers werfen (das sie bekämpfen), anstatt den Schulterschluß mit Nationalkonservativen zu suchen.
Ähnlich die Linke Sahra Wagenknecht mit ihrem womöglich schmerzhaften Spagat, einerseits linksliberale „woke“ „Selbstgerechtigkeit“ zu geißeln und sich zum Fürsprecher nationaler Solidarität aufzuschwingen, andererseits sich aber in den Talkshows vom Establishment dazu instrumentalisieren läßt, die AfD als Konglomerat brauner Unmenschen zu geißeln. Hat sie nicht in Wahrheit mehr Gemeinsamkeiten mit dem „sozialpatriotisch“-nationalen AfD-Flügel, als mit den allermeisten ihrer Parteigenossen? Auch so wird aus viel Wahrem und Richtigem letztlich und leider unter dem Strich Unsinn.
Ganz zu schweigen von den allzu regime-nahen westeuropäischen Amtskirchen, deren Funktionsträger – bis hin zum Papst – dem Christentum den Rest geben, indem sie in unverantwortlicher Weise interkontinentale Massenmigration, grenzenlosen Globalkapitalismus,[4] freimaurerischen religiösen „Weltethos“-Mischmasch, „CO²-Neutralität“ und Corona-Impfpflicht als unabdingbare Christenpflichten reklamieren.
Deutschlands gordischer Knoten
Angesichts künstlich ausgehobener Gräben und nachweislich erfolgloser Strategien kann Deutschlands gordischer Knoten niemals gelöst werden. Schon dieser knappe Problemaufriß zeigt die mittel- und langfristig notwendige politische Therapie gegen die „Abschaffung“ Deutschlands und der christlichen Zivilisation: Die Zukunft gehört dem „Querdenken“ – verstanden als Verknüpfung nationalkonservativer, antiglobalistischer (also „rechter“) mit macht- und sozialkritischen (also klassisch „linken“) sowie altchristlichen programmatischen Elementen.[3]
NACHTRAG: Aber genau das scheuen die Liberalkonservativen wie der Teufel das Weihwasser. Wie folgender Vorgang verdeutlicht: Im Januar 2022 nominiert die AfD den Werteunion-Vorsitzenden Max Otte (CDU) zum Bundespräsidentschafts-Kandidaten. Daraufhin wirft die CDU Otte aus der Partei. Sie unterstützt stattdessen „Feine-Sahne-Fischfilet“-Fan Frank-Walter Steinmeier (SPD), über den die NZZ am 03.09.2018 berichtete: „Bundespräsident Steinmeier (…) trommelt für ein Gegen-Rechts-Festival, bei dem eine Band auftritt, die jahrelang in Verfassungsschutzberichten auftauchte – weil sie Gewalt gegen «Bullen» feiert.“ [5]
Absolutes Menetekel aber ist die Äußerung des AfD-Co-Parteivorsitzenden Jörg Meuthen gegenüber der WELT: „Max Otte steht innerhalb der AfD-Positionen weit rechts außen und mitnichten in der Mitte der AfD. Es erstaunt mich, daß die CDU Otte solange toleriert hat.“ Mit diesem Tritt unter die Gürtellinie eines Klügeren hat sich Meuthen nicht nur intellektuell, sondern auch charakterlich disqualifiziert.
Einzig die Schweizer WELTWOCHE überlegt besonnen: „Was ist wichtiger: Für was jemand steht? Oder wer für ihn einsteht? Was spricht dagegen, Qualität zu wählen anstelle von Parteibuch? Wie «rechts» ist eine Partei, die einen vernünftigen Ökonomen mit dem Wertekodex der alten CDU nominiert?“[6]
[1] Machtwechsel in Berlin: Wohin steuert Deutschland? (JF-TV Debatte mit Dieter Stein), 10.12.2021, URL: https://www.youtube.com/watch?v=ILPU5PUHhWw
[2] Französischer Spitzenpolitiker zu Migration, Zemmour, Ampelkoalition, AfD! – Dr. Nicolaus Fest (AfD), 12.12.2021, URL: https://www.youtube.com/watch?v=tHCUbxfzQQg&t=18s
[3] Richtig: Ahrens/Wolters, Postliberal, Ein Entwurf, Antaios 2021, sowie viele Beiträge im von den Autoren gegründeten neuen „Konflikt Magazin“. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der konservative Politologe und Publizist Manfred Kleine-Hartlage in wegweisenden Schriften seit ca. 2010. In diesem Zusammenhang ist auch der altchristliche Sozialphilosoph Günter Rohrmoser (*1927; † 2008) zu nennen, etwa „Kann die Moderne das Christentum überleben. Oder Kann die Moderne ohne das Christentum überleben?“, (Hg. Von Harald Seubert, Logos Editions 2013), sowie der katholische Erzbischof, Papstkritiker und „Verschwörungstheoretiker“ Carlo Maria Viganò (https://katholisches.info/2021/12/18/erzbischof-vigano-die-luegner-und-boeswilligen-empoeren-sich-ueber-die-wahrheit-das-verwundert-nicht/?fbclid=IwAR0KNIDHJpscNNZmSNzFGzt6xRjCo5pxgDDZ1DQ1K4NBAVifMwwQGuCx7CM).
[4] Zu Recht kritisch gegenüber der zunehmenden Allianz zwischen Rom, Rothschild, Klaus Schwab & Co.: Norbert Häring, Endspiel des Kapitalismus, Wie die Konzerne die Macht übernahmen und wie wir sie zurückholen, Quadriga 2021.