PRESSE-MITTEILUNG
im ´Rendsburger Schulschwänzer-Fall´:
Aus gegebenem Anlaß haben wir gegen die in den Fall verstrickte Schulleiterin Dienstaufsichtsbeschwerde beim zuständigen Schulamt eingelegt. Den Text finden Sie nachstehend.
An das
Schulamt des Kreises
Rendsburg-Eckernförde
Kaiserstraße 8
24768 Rendsburg
Vorab via Telefax 04331 / 202 – 263
Düsseldorf, 09.11.2016
Der „Rendsburger Schulschwänzer-Fall“,
h i e r :
D i e n s t a u f s i c h t s b e s c h w e r d e
g e g e n
die Schulleiterin des Gymnasiums Kronwerk in Rendsburg,
Frau Renate Fritzsche
Sehr geehrte Damen und Herren!
Namens und kraft angeschlossener Vollmacht des Herrn XXXXXXXXX (Beschwerdeführer) erhebe ich hiermit Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Frau Renate Fritzsche (Beschwerdegegnerin) mit dem Antrag,
Frau Fritzsche aus ihrer Verwendung als Schulleiterin in Rendsburg zu entlassen und sie auf eine nachrangige Planstelle in einer anderen Stadt zu versetzen.
G r ü n d e :
I. Mein Mandant ist der konfessionslose Vater des konfessionslosen Kindes, welches am 14.06.2016 nicht zur Schule ging, weil an diesem Tag die Klasse „eine rein informative Schulveranstaltung“ (Zitat aus dem Bußgeldbescheid des Landrates des Kreises Dithmarschen vom 09.08.2016) in der Rendsburger Moschee durchführte.
Im Vorfeld des Moschee-Besuchs hatte die Beschwerdegegnerin schriftliche und telefonische Anträge der Eltern, das Kind von der Schulveranstaltung in der Moschee zu befreien, und dieses während der Zeit des Moscheebesuchs der Klasse am Unterricht einer Parallelklasse teilnehmen zu lassen, um der Schulpflicht nachzukommen, ausdrücklich abgelehnt.
Stattdessen teilte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 27.06.2016 meinem Mandanten und seiner Ehefrau mit, daß sie – Zitat: – „wegen des Verstoßes gegen § 144 Abs. 1 Ziffer 3 SchulG“ ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten „muss“.
Unter dem 09.08.2016 ergingen sodann Bußgeldbescheide des Landrates an beide Eltern. Den frist- und formwahrenden Einsprüchen der Eltern half die Verwaltungsbehörde nicht ab, sondern leitete die Akten über die Staatsanwaltschaft Itzehoe an das Amtsgericht Meldorf weiter, wo die Verfahren nunmehr anhängig sind.
II. Der „Rendsburger Schulschwänzer-Fall“ ist mit ganz grundsätzlichen Rechtsfragen behaftet, weshalb er von größtem Interesse für die Allgemeinheit, die Politik, die Rechtsfortbildung und die Rechtswissenschaft ist.
Deshalb berichte ich – in Absprache mit den Eltern des Kindes – auch regelmäßig über den Fortgang des Verfahrens, welches nicht nur in Deutschland, sondern auch in Dänemark, Frankreich, Georgien, Griechenland, Indien, Indonesien, Iran, Island, Kroatien, Luxemburg, Norwegen, Österreich, Pakistan, Polen, Schweden, Schweiz, Slowakei, Tschechien, Türkei, Ungarn, USA und im Vereinigten Königreich auf großes mediales Interesse stieß.
Löblich zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die – übliche – Zurückhaltung der zuständigen Behörden, welche in den schwebenden Verfahren nicht medial aufgetreten sind.
III. Allerschärfste Kritik ist allerdings an der Beschwerdegegnerin zu äußern, welche die Verfahren zwar in Gang brachte, danach aber besser geschwiegen hätte!
Statt sich die übliche Zurückhaltung aufzuerlegen und die Entscheidungen der zuständigen Stellen in Verwaltung (Der Landrat) und Justiz (Staatsanwaltschaft, Amtsgericht, ggf. auch Oberlandesgericht und Bundesverfassungsgericht) abzuwarten, preschte die Beschwerdegegnerin noch während ihres Urlaubs vor die Kameras des NDR und gab dem „Schleswig-Holstein Magazin“ ein Interview, welches am 25. Oktober 2016, um 19.30 Uhr, im Fernsehen gesendet wurde.
Beweis:https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Schulbesuch-in-einer-Moschee-sorgt-fuer-Streit,moscheebesuch100.html
Und am ersten Schultag nach den Herbstferien (31.10.2016) setzte die Beschwerdegegnerin ´noch eins drauf´, indem sie ein Flugblatt an alle Kollegen, Schüler und deren Eltern verteilte.
Eine Kopie dieses Flugblattes, Rundschreibens oder wie auch immer das Pamphlet zu nennen ist, ist dieser Dienstaufsichtsbeschwerde beigefügt. Auszugsweise lautet es:
31. Oktober 2016, Gymnasium Kronwerk
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Eltern,
liebe Schülerinnen und Schüler,
in der vergangenen Woche ist so viel über unsere Schule und mich als Schulleiterin in der Presse und anderen Medien geschrieben und gesagt worden, dass ich Sie und Euch alle über die Vorgänge informieren möchte.
Die öffentliche Aufmerksamkeit richtet sich auf einen Moscheebesuch einer unserer siebten Klassen innerhalb des Geographieunterrichts im Juni, also im vergangenen Schuljahr. Der Unterricht in der Moschee („Unterricht am anderen Ort“) fand innerhalb des Themas „Der Orient – Machtfaktoren Wasser und Erdöl“ zu, den die Erdkundelehrkraft im Einklang mit dem Lehrplan geplant hatte. Dies war auch am Elternabend angekündigt worden und sollte insgesamt nicht länger als zwei Unterrichtsstunden dauern. Kurz vor der geplanten Exkursion lehnte ein Vater diesen Besuch für sein Kind in einem Brief ab. Er befürchtete die Indoktrination seines Sohnes und beanspruchte für ihn Ersatzunterricht in dieser Zeit. [sic!] (…)“
Zunächst einmal stellt die Beschwerdegegnerin die Gründe der Familie für die Nichtteilnahme an der Veranstaltung in der Moschee mit dem Wort „Indoktrination“ sehr verkürzt dar. Bekanntlich geht es um die Frage, ob jemand gegen seinen freien Willen „– mit welcher Begründung auch immer – gezwungen werden darf, einen bestimmten Sakralbau zu betreten, wenn ihm sein Gewissen oder seine Weltanschauung dies verbietet“ (Einlassung der Eltern im Bußgeldverfahren bzw. im vorausgegangenen telefonischen Austausch mit der Beschwerdegegnerin). Kurz: Es geht um ein Grundrecht eines jeden Bürgers, nämlich die sogenannte ´negative Religionsfreiheit´, hergeleitet vom Bundesverfassungsgericht aus Artikel 4 GG im sogenannten ´Kruzifix-Beschluß´.
Denn die Eltern und das Kind sind Atheisten, sie lehnen es ab, „Moscheen, Synagogen, Kirchen, Klöster oder Tempel“ zu betreten. Und das ist ihr ´gutes Recht´. Wenn Eltern Probleme damit haben, daß ihre Kinder christliche Kirchen aufsuchen sollen, ist es mittlerweile wohl Usus, daß die Schulen für die betreffende Zeit für eine alternative Betreuung sorgen. Es erscheint in mancherlei Hinsicht bedenklich, wenn sich eine Schulleiterin rundheraus weigert („Dies ist so nicht möglich“), im Falle eines geplanten Moscheebesuchs ebenso großzügig zu verfahren.
Zurecht meinte der Rendsburger Landrat Dr. Schwemer in einer kurzen Stellungnahme: „So wie mir der Fall geschildert wurde, hätte die Angelegenheit möglicherweise auch anders geklärt werden können.“
IV. Aber folgen wir der Beschwerdegegnerin im Wortlaut ihres Flugblattes und sehen wir, worüber sie des Weiteren noch „informiert“, ich zitiere:
„Es ist im Erdkunde-Lehrplan der siebten Klassen unter den „fachspezifischen Hinweisen“ ausdrücklich empfohlen, ein islamisches Kulturzentrum oder eine Moschee im Laufe dieses Unterrichtsthemas zu besuchen – dies kann man im Internet unter „Sekundarstufe I – IQSH Lehrplanportal, Erdkunde, Sekundarstufe I, ab Seite 33 nachlesen. (…)“
Auch diese „Information“ der Eltern und Schüler ist unvollständig: Im Lehrplan lauten die fachspezifischen Hinweise auf Seite 35 eben nicht nur „Besuch eines islamischen Kulturzentrums, einer Moschee“, sondern auch „Erkundungen im Völkermuseum“. Und es ist mit Blick auf das genannte Grundrecht der Religionsfreiheit ein wesentlicher Unterschied, ob eine Klassenfahrt – z. B. nach Hamburg in das Museum für Völkerkunde – organisiert oder durch einen „Schnupperkurs“ in der benachbarten Moschee die Hemmschwelle von Kindern herabsetzt wird, künftig ihre Pausen, Freistunden oder andere Freizeit in dem „Jugendlokal“ der benachbarten Moschee zu verbringen, um dort durch süße und salbungsvolle Worte der „Gläubigen“ missioniert zu werden.
V. Vollends aber trieb die Beschwerdegegnerin den Konflikt durch ihre Bewertungen am Ende ihres Flugblattes auf die Spitze:
„(…) Die Medienberichte haben neben einigen bestärkenden und wohlwollenden Emails und Anrufen zu einem Shitstorm islamfeindlicher und rechtsradikaler Milieus geführt. Es ist m. E. unangebracht, dass pauschal alle Besucher der benachbarten Moschee in die Nähe von islamistischen Extremisten gerückt werden. Und es liegt auf der Hand, dass Äußerungen dieser Art schlechter Nährboden für ein friedliches Zusammenleben der Menschen in unserem Land sind.
Das Bildungsministerium teilt im Kern meine Einschätzung der Sache.
Mit freundlichen Grüßen
R. Fritzsche“
Die Beschwerdegegnerin berichtet also von „einigen bestärkenden und wohlwollenden E-Mails und Anrufen“ einerseits und von „einem Shitstorm islamfeindlicher und rechtsradikaler Milieus“ andererseits. Dazwischen sieht sie keine Grauzone, keine ausgewogene und schon gar keine vermittelnde Position der Anrufer und Schreiber. Diese „Information“ enthält die Botschaft an die Leser: Wer anderer Meinung als die Beschwerdegegnerin ist, wird per Rundbrief an alle Kolleg/inn/en, Schüler/innen und Eltern als Mitglied „islamfeindlicher und rechtsradikaler Milieus“ abgestempelt. Adressiert und ´markiert´ wird damit natürlich insbesondere die Familie des Beschwerdeführers, die hier coram publico herabgesetzt wird, wenn auch nur implizit.
Frau Fritzsche agiert nicht als Privatperson, sondern als Beamtin, sie mißbraucht ihre Macht als Schulleiterin, die Familie des Beschwerdeführers in einem Flugblatt „vorzuführen“ und einen ihrer Schüler fertigzumachen und Mobbing Vorschub zu leisten.
Unabhängig von der Frage, wie die Beschwerdegegnerin politisch oder religiös eingestellt ist, hat sie vor allem eine Fürsorgepflicht gegenüber ihrer Schule, den Schülern und den Eltern, auch wenn diese Personen eine andere politische, religiöse oder weltanschauliche Ansicht als sie selbst haben. Aber das ist eben der Unterschied zwischen Frau Fritzsche als Privatperson und der Beschwerdegegnerin in ihrer amtlichen Eigenschaft und Verwendung als Schulleiterin!
VI. Hinzu kommt, daß Frau Fritzsche an den Bußgeldverfahren des Landrates und der Staatsanwaltschaft nicht beteiligt ist und sich als Beamtin außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs gar nicht dazu hätte äußern dürfen. Ihre Aufgabe als Schulleiterin war es vielmehr, Schaden von der Schule, den Schülern und den Eltern fernzuhalten oder so gering wie möglich zu halten. Dazu hätte die allfällige Auskunft gegenüber Medien genügt, daß sie sich zu den „schwebenden Verfahren“ beim Landrat und der Staatsanwaltschaft nicht äußern darf.
VII. Wie schlecht die Beschwerdegegnerin den Rendsburger „Schulschwänzer-Fall“ kommunizierte und wie ihre Äußerungen vom kritisch denkenden Teil der Bevölkerung aufgenommen wurde, zeigen übrigens diesbezügliche Karikaturen des Flensburger Künstlers Götz Wiedenroth, in denen die Beschwerdegegnerin als Witzfigur und das Gymnasium Kronwerk als pädagogisch fragwürdige Bildungsanstalt erscheinen:
Fraglos hätte die Beschwerdegegnerin sich nicht nur die künstlerisch-satirische Kritik, sondern auch diese Dienstaufsichtsbeschwerde erspart, wenn sie nicht vor die Fernsehkamera geprescht und mit ihren unvollständigen „Informationen“ in die Öffentlichkeit getreten wäre und dann noch ein Flugblatt mit ihrer unausgewogenen Privatmeinung in der Schule verteilt hätte.
VIII. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der „Rendsburger Schulschwänzer-Fall“ nicht zu einer Staatsaffäre im In- und Ausland geworden wäre, wenn die Beschwerdegegnerin korrekt und neutral ihrer Fürsorgepflicht als Schulleiterin nachgekommen wäre, statt sich beamtenrechtswidrig öffentlich zu Bußgeldverfahren zu äußern und auf Flugblättern ihre unmaßgebliche Privatmeinung zu verbreiten.
Insgesamt hat sich die Beschwerdegegnerin mit ihrem Verhalten disqualifiziert.
Falls Frau Fritzsche jetzt nicht spürbar diszipliniert und auf eine nachrangige Stelle in einer anderen Stadt versetzt wird, schadet sie auch künftig nicht nur sich selbst, sondern vor allem ihrer Schule und den ihr anvertrauten Schülern.
Ihrer Antwort entgegensehend verbleibe ich
hochachtungsvoll
Heumann
Rechtsanwalt