Rechtsbeschwerde-Schrift im ´Moscheeschwänzer´-Fall

Da die Rechtsbeschwerde-Instanz durch Kleinspenden finanziert wurde, wird hier der Text der Rechtsbeschwerdeschrift (anonymisiert) für alle Interessenten veröffentlicht.
Eine grundsätzliche juristische Auseinandersetzung mit dem deutschen Religionsverfassungsrecht und dem Islam ließ sich vorliegend gar nicht vermeiden.

Moschee in Rendsburg

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Düsseldorf,      12.09.2018
Unser Zeichen:   HS/S2516

– Az. AG Meldorf: 25 OWi 303 Js-OWi 26245/16 (408/16) –

In der Bußgeldsache
gegen
Herrn M.

wird der mit Schriftsatz (und Vorab-Fax) vom 08.07.2018 beim Amtsgericht Meldorf eingelegte Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde hiermit wie folgt begründet: Es wird beantragt,

die Rechtsbeschwerde gegen das unter Az. 25 OWi 303 Js-OWi 26245/16 (408/16) ergangene Urteil des Amtsgerichts Meldorf vom 04.07.2018 zuzulassen und den Betroffenen freizusprechen.

B e g r ü n d u n g:

Gerügt wird die Verletzung sachlichen Rechts. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist vorliegend zur Fortbildung des materiellen Rechts geboten (§ 80 II OWiG). Im Einzelnen:

A.

I. Sachverhalt
Mit hier angefochtenem Urteil – beigefügt in der Anlage – wurde der Betroffene wegen „vorsätzlicher Verhinderung des Schulbesuchs“ nach §§ 144 I Nr. 3, 26 I Nr.1 Schulgesetz Schleswig-Holstein zu einer Geldbuße verurteilt.
Er hatte seinen seinerzeit 13-jährigen Sohn am dem Tag, an dem dessen Erdkunde-Klasse eine Moschee besuchte, um dort von einem „Moschee-Vertreter“ im islamischen Glauben unterwiesen zu werden, aus weltanschaulichen Gründen nicht zur Schule geschickt.
Der Betroffene gehört keiner Konfession oder Glaubensvereinigung an.

Der Moscheebesuch der Schulklasse fand am 14. Juni 2016 statt. Er war von der Erdkundelehrerin im Januar 2016 beiläufig auf einem Elternabend zur Sprache gebracht worden, ohne dass das Thema auf der Tagesordnung stand. Zu dieser Zeit war nicht nur das „wann“, sondern auch das „ob“ des Moscheebesuchs noch „offen“ (s. Urteil, S. 4, 4. Absatz), so dass der Betroffene und seine Ehefrau noch keine Veranlassung sahen, zu protestieren oder durch Beschwerden den Schulfrieden zu stören.

II. Befreiung nach § 15 SchulG

Ein Tag, nachdem der Betroffene jedoch von seinem Sohn erfahren hatte, dass die Schulklasse nunmehr definitiv eine Moschee besuchen wolle (08.06.2016), wandte er sich allerdings sofort mit Email nachstehenden Wortlauts vom 09.06.2016 an die Erdkundelehrerin Frau K.:

„Sehr geehrte Frau K.,
wir Eltern stimmen aus weltanschaulichen Gründen der Teilnahme [unseres Sohnes] nicht zu. Bitte teilen Sie uns mit, welchen Stundenplan Sie für unser Kind an diesem Tag vorsehen.
Mit freundlichem Gruß“

Das wurde zu Recht als Antrag ausgelegt, den Schüler vom Moscheebesuch freizustellen; hilfsweise: ihn für diese Zeit einer Parallelklasse zuzuweisen.

  • 15 SchulG ermöglicht eine Befreiung von einzelnen Unterrichts-veranstaltungen aus „wichtigem Grund“. Außerdem regelt ein Erlaß des Schulministeriums namens „Lernen an einem anderen Ort“, dass „Schüler, die nicht an einer Schulfahrt teilnehmen und weder beurlaubt sind, noch entschuldigt fehlen, den Unterricht einer anderen Klasse besuchen [sollen].“ (S. 8 des Erlasses).

Darum hatte der Betroffene gebeten. Der Erlaß nennt als „Beispiele“ für „Schulfahrten“ ausdrücklich „Museum, Lernlabor oder Schwimmhalle“ (S. 6), so dass für Moscheen nichts anderes gelten kann. Denn der Erlaß gilt für alle Schulverstaltungen, die „außerhalb des Schulgeländes“ stattfinden (Karpen/Lorenzen, Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz, Teilkommentierung, Stand 09/2016, § 17, Erl. Nr. 3.5, 2. Absatz. Der Erlaß ist als Anhang 23 abgedruckt).

III. Beweisantrag Zeugnis des Sohnes u.a. / Wahrunterstellung

Tatsächlich teilte die Lehrerin K. dem Sohn des Betroffenen am 10.6.2016 während des Unterrichts mit, dass sie die Email seines Vaters erhalten habe und der Sohn während des Moscheebesuchs eine Parallelklasse besuchen solle – was sie jedoch in mündlicher Verhandlung, als Zeugin vernommen, bestritt.

Zum Beweis ihrer Genehmigung hatte die Verteidigung immer wieder beantragt, den Sohn des Betroffenen als Zeugen zu vernehmen. Diesem Beweisantrag – wie überhaupt allen Beweisanträgen der Verteidigung – ist das Vorgericht nicht nachgegangen, weil es diese nicht als entscheidungserheblich betrachtete und ein „Beweisthema“ vermisste (Urteil, S. 4 unten). Im Einzelnen hierzu:

In der mündlichen Verhandlung vom 04.07.2018 stellte der Unterzeichner
erneut den Beweisantrag, den – heute anwesenden – 15-jährigen Sohn des Betroffenen [Name], zum Beweis folgender Tatsachen als Zeugen zu vernehmen: (1. …); 2. Die Erdkundelehrerin Frau K. teilte [dem Sohn] am 10.6.2016 mit, dass sie die E-Mail seines Vaters erhalten habe und [der Sohn] „am Dienstag in die Parallelklasse gehen solle.“

U. a. diesen Beweisantrag hatte der Unterzeichner bereits in der mündlichen Verhandlung vom 11.08.2017 gestellt sowie jeweils mit Schriftsätzen vom 02.08.2017 und 05.06.2018 angekündigt. Selbstverständlich enthielt der Beweisantrag auch ein „Beweisthema“, nämlich dass die Erdkundelehrerin [dem Sohn] am 10.6.2016 mitgeteilt hatte, dass dieser „am Dienstag in die Parallelklasse gehen solle.“

Beweis:
(1) Verhandlungsprotokoll nebst Anlage II u. III zum Protokoll, anliegend
(2) Schriftsatz der Verteidigung vom 05.6.2018, anliegend

Trotz der Beweisantrags heisst es auf S. 6 des Urteils:
a) „Unstreitig“ hätte die Erdkundelehrerin nicht „den Betroffenen gegenüber erklärt, dass ihr Sohn in eine Parallelklasse gehen könne“.
b) Andererseits könne dies „dahingestellt bleiben“, denn:
aa) „Zum einen haben die Betroffenen ihren Sohn nicht in eine Parallelklasse geschickt“(!). Dieser Einwand beruht auf der Annahme, dass Eltern ihre Kinder freihändig gegen den Willen von Lehrpersonal oder Schulleitung in Parallelklassen senden könnten, wie es ihnen gerade passt – eine absurde Vorstellung.
bb) Zum anderen sei eine gfs. erteilte Genehmigung der Erdkundelehrerin „durch die spätere Mitteilung der Schulleiterin überholt“ (hierzu sogleich).

Immerhin unterstellt das Amtsgericht diejenigen Tatsachen, für die die Verteidigung Beweis angeboten hatte, als wahr. Es übersieht allerdings deren rechtliche Relevanz und Entscheidungserheblichkeit, wie zu zeigen sein wird.

IV. Wenn überhaupt Verstoß gegen SchulG, dann erstmalig und geringfügig

Es handelte sich um das erste Mal, dass der Sohn des Betroffenen unentschuldigt der Schule fernblieb (Urteil, S. 12). Das Schulgesetz soll aber nach seiner ratio legis nicht jeden einzelnen Fall von Säumnis mit Ordnungsgeld sanktionieren, sondern nur grundsätzliche, wiederholte oder dauerhafte Schulverweigerung unterbinden. So heisst es z.B. im „Leitfaden zum Bußgeldverfahren nach §144 SchulG“ des Landkreises Ostholstein – beigefügt in der weiteren Anlage – klipp und klar:

„Ist erkennbar, dass die Personensorgeberechtigten Bemühungen unternehmen (…), damit ihr Kind wieder die Schule besucht, kann kein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen sie durchgeführt werden.“

Bei „erstmaligen geringfügigen Verstößen“ sei von vorne herein „von Owi-Verfahren abzusehen“.

Schon aus diesem Grund unterliegt das angefochtene Urteil, das eine Geldbuße verhängt, der Aufhebung.

Dennoch schaltete sich am Tage vor dem Moscheebesuch die Schulleiterin F. ein und lehnte es ab, den Sohn während der Zeit des Moscheebesuchs einer Parallelklasse zuzuweisen. Sie behauptete bei einem Telefonat mit dem Betroffenen am Nachmittag des 13.6.2016, dass das „nicht möglich“ sei und der Sohn „auf jeden Fall“ mit in die Moschee müsse, denn es ginge nur „um die Vermittlung von Sachwissen und nicht um Hinführung zum Islam“ (Urteil, S. 2). Zwar bot sie dem Betroffenen an, als zusätzliche Begleitperson neben der Klassenlehrerin mit zur Moschee zu kommen (Urteil, S. 3). Dies kam aber für den Betroffenen – eben weil er den Islam, jedenfalls eine islamische Glaubensunterweisung in einer Moschee, aus weltanschaulichen Gründen ablehnt -, selbstredend nicht in Betracht.

Die Handlungsweise der Schulleiterin widerspricht § 4 Abs. 11 SchulG, der Eltern und Lehrkräfte „zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Achtung verpflichtet.“ „Bei der Lösung von Konflikten (…) sollen sie konstruktiv zusammenarbeiten“.

Hier hat sich die beantragte Kompromisslösung geradezu aufgedrängt. Anders als etwa bei der Frage, ob muslimische Schülerinnen am koedukativen Schwimmunterricht teilnehmen müssen, ging es beim Moscheebesuch jedenfalls nicht um elementare, im Notfall lebensrettende und deshalb unbedingt zu erlernende Fertigkeiten (Muslime müssen nach neuerer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kompromisslösung eines beim Schwimmen verhüllenden ´Burkinis´ akzeptieren, BVerwG, Urteil vom 11.9.2013, Az. 6 C 25/12).

V. Fehlende Zuständigkeit der Schulleiterin

Außerdem war die Schulleiterin zur Entscheidung über die Befreiung nicht zuständig: Nach §§ 5 III 1 i.V.m. § 3 IX der Lehrerdienstordnung Schleswig-Holstein sind für Beurlaubungs-/Befreiungsanträge „für einen Zeitraum von bis zu 6 Tagen im Monat die Klassenlehrer“ zuständig. Erst wenn die Beurlaubung über diesen Zeitraum hinausgehen soll, entscheidet die Schulleitung. (Karpen/Lorenzen a.a.O., § 15, Erläuterung Nr. 1 am Ende – die die Vorrichterin überging, obwohl sie sich auf die direkt nachfolgende Erläuterung Nr. 2 explizit im Urteil bezieht)

Die abschlägige Bescheidung seitens der Schulleiterin war also Willkür außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs. Da der Moscheebesuch bereits am Morgen des nächsten Tages (14.6.2018) stattfand, bestand keine Möglichkeit mehr, diese Entscheidung im Eilwege vor dem Verwaltungsgericht anzufechten. Deshalb behielt der Betroffene seinen Sohn am Tage des Moscheebesuchs zuhause. Denn es stand zu befürchten, dass auf den 13-Jährigen ebenso rechtswidriger Druck ausgeübt würde.

VI. Hilfsweise: Rechtfertigung wegen Notstands (§ 16 OWiG)

Sofern man einen einzigen und erstmaligen Tag von Schulsäumnis als ordnungswidrige Handlung i.S.v. § 144 SchulG betrachtet, die die Verhängung einer Geldbuße rechtfertigt, wäre der Betroffene wegen Notstands gerechtfertigt. Denn die Gefahr für sein elterliches religiös-weltanschauliches Erziehungsrecht aus Art 6 II, 4 und Art 7 II GG – ein „anderes Rechtsgut“ i.S.v. § 16 OWiG – war nicht mehr anders abwendbar.

Das Amtsgericht meint, die Glaubensfreiheit käme ausnahmslos nicht als Rechtfertigung für ordnungswidrige Handlungen in Betracht. Diese Rechtsauffassung steht aber konträr zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit dem ´Gesundbeter´-Fall von 1971 (BVerfGE 32, 98, Az. 1 BvR 387/65), wo das Gericht unter Rz 28 zur Bedeutung der Glaubensfreiheit für das Strafrecht ausführt:

„Die sich aus Art. 4 I GG ergebende Pflicht aller öffentlichen Gewalt, die ernste Glaubensüberzeugung in weitesten Grenzen zu respektieren, muß zu einem Zurückweichen des Strafrechts jedenfalls dann führen, wenn der konkrete Konflikt zwischen einer nach allg. Anschauungen bestehenden Rechtspflicht und einem Glaubensgebot den Täter in eine seelische Bedrängnis bringt, der gegenüber die kriminelle Bestrafung, die ihn zum Rechtsbrecher stempelt, sich als eine übermäßige und daher seine Menschenwürde verletzende soziale Reaktion darstellen würde.“

Was laut Bundesverfassungsgericht für Straftatbestände gelten soll, muss erst recht für geringfügige Ordnungswidrigkeiten gelten. Jedenfalls sind auch Ordnungswidrigkeits-Tatbestände im Lichte von Grundrechten und Menschenwürde auszulegen (hierzu unten VII. ff.).

VII. Nicht bußgeldbewehrte „sonstige Schulveranstaltung“ i.S.d. § 26 SchulG

Insbesondere das ´Schwänzen´ des Moscheebesuchs ist keine Ordnungswidrigkeit i.S. des Schulgesetzes. Das Amtsgericht führt zur Rechtfertigung des verhängten Bußgeldes folgende Vorschriften an:

  1. § 144 I Nr. 3 SchulG: „Ordnungswidrig handelt, wer … entgegen § 26 I nicht dafür sorgt, dass … der Schüler am Unterricht teilnimmt …“.
  2. § 26 I Nr. 1 SchulG lautet: „Eltern haben dafür zu sorgen, dass der Schüler … am Unterricht und an sonstigen Schulveranstaltungen teilnimmt (…)“.

Wie sich aus der Zusammenschau o. g. Normen ergibt, ist lediglich die Säumnis von „Unterricht“ sanktionsbewehrt, nicht jedoch die Säumnis „sonstiger Schulveranstaltungen“, so dass die vom Gesetz getroffene Unterscheidung entscheidungserheblich ist. § 26 unterscheidet zwischen „Unterricht“ und „sonstigen Schulveranstaltungen“, § 144 sanktioniert aber nur die Abwesenheit vom „Unterricht“. Wie also ist der Moscheebesuch einzuordnen?

Die einzig existierende „Teilkommentierung“ zum Schleswig-Holsteinischen Schulgesetz von Karpen/Lorenzen kommentiert § 144 nicht und gibt auch bei § 26 keine Hilfestellung, weil die im Hinblick auf Geldbußen wichtige Differenzierung nicht behandelt wird.

Laut zugrundeliegendem Bußgeldbescheid des Landratsamtes (€ 150,- zzgl. Verwaltungsgebühren) handelte es sich „nicht um Religionsunterricht“, sondern um eine „rein informative Schulveranstaltung.“ Demnach wäre der Moscheebesuch nicht als „Unterricht“, sondern als (nicht sanktionsbewehrte) „sonstige Schulveranstaltung“ einzuordnen.

Hierfür spricht der Erlaß „Lernen am anderen Ort“ des Bildungsministeriums, der für sämtliche „außerhalb des Schulgeländes“ stattfindenden Schulveranstaltungen vorsieht, dass dissertierende, jedoch nicht befreite Schüler einer Parallelklasse zugewiesen werden „sollen“. Dahinter steckt wohl

a) die Einsicht, dass derartige Schulveranstaltungen nicht Regel, sondern Ausnahme sind, so dass ihre Säumnis Funktionsfähigkeit und Autorität staatlicher Schulen zwecks Erfüllung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags weniger im Ganzen und grundsätzlich beeinträchtigen kann.

b) Hinzu kommt Resignation, weil bei vielen muslimischen Familien der Versuch zwangsweiser Durchsetzung einer Teilnahmepflicht vergeblich wäre. Der SPIEGEL berichtete 2007 über die Praxis bei Klassenfahrten:

>>„An der Carlo-Mierendorff-Schule im Frankfurter Stadtteil Preungesheim darf in den höheren Jahrgängen rund ein Drittel der Schüler aus religiösen Gründen nicht an Klassenfahrten teilnehmen, klagt Direktor Zabler. Viele muslimische Eltern meldeten ihre Töchter krank – oder befahlen einfach, dass sie nicht mit Klassenkameraden verreisen dürfen. Zabler versuchte es mit Gesprächen, Hausbesuchen, Spezialkost für Muslime in den Unterkünften, alles ohne Erfolg. Dann (…) bat er das Schulamt um Hilfe: ergebnislos.<<[1]

Demgegenüber grenzt das Amtsgericht nicht nach Ort, sondern nach Inhalt der Schulveranstaltung ab: Unter „sonstige Schulveranstaltungen“ könnten nur Veranstaltungen fallen, die freizeitlicher „Vergnügung“ dienten. Denn laut Duden gälte „Veranstaltung als Synonym für Fest, Ereignis oder Vergnügung“ (Urteil S.5).

Diese Definition von „Veranstaltung“ ist im Duden nicht aufzufinden. Sie ließe sie auch nicht mit § 26 SchulG vereinbaren: Eine – wenn auch nicht bußgeldbewehrte – Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu puren Vergnügungsveranstaltungen zu schicken, wäre nicht mehr von Sinn und verfassungsrechtlichen Grenzen des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags gedeckt. Sie griffe unverhältnismäßig ins elterliche Erziehungsrecht nach Art 6 II GG ein.

VIII. „Religionsunterricht“ i.S.v. Art 7 GG

Es handelt sich bei dem Moscheebesuch in seiner konkret erfolgten Art und Weise entweder um eine „sonstige Schulveranstaltung“ oder – wenn es denn „Unterricht“ sein soll – um „Religionsunterricht“ i.S.v. Art 7 GG, tertium non datur. Hingegen wollen die beteiligten Behörden und das Amtsgericht auf etwas dazwischen hinaus, das sich der Logik entzieht.

Was hat sich am 14.6.2016 in der Moschee abgespielt? Ein „Moscheevertreter“ erklärte den Islam. Die Schüler sollten hierfür nach einer bereits in einer Erdkundestunde vom 16.2.2016 erfolgten Anweisung des Moscheevertreters „Fragen zum Islam vorbereiten“ (Urteil, S. 7). Sie wurden also am 14.6.2016 im islamischen Glauben unterwiesen. Man hat ihnen sogar den „islamischen Gebetsablaufs demonstriert“ (Urteil, S. 7 u. S. 10 unten), also in arabischer Sprache vorgebetet, wenn auch – wie zu hoffen bleibt – ohne Nachahmensaufforderung (denn beim islamischen Glaubensbekenntnis bedeutet dies aus islamischer Sicht eine Konversion zum Islam).

Spätestens die „Demonstration“ islamischer Gebete ist – anders, als das Vorgericht meint – mehr als „religiöser Bezug im Erdkundeunterricht“ oder rein informative „Religionskunde“ aus säkularer Außensicht. Vielmehr handelt es sich um (islamischen) „Religionsunterricht“ aus der Innenperspektive einer Religionsgemeinschaft, die die Übermittlung von Glaubenswahrheiten „in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen“ (Art 7 III 2 GG) umfasst.[2]

Man stelle sich den umgekehrten Fall vor: Muslimische Kinder würden in Deutschland zum Besuch christlicher Kirchen gezwungen und dort in katholischen Gebeten und Ritualen unterwiesen. Deutscher Ethikrat und öffentlich-rechtlicher Rundfunk würden sich Seite an Seite mit islamischen Interessenverbänden empören.

[Die von der Zeugin K. angegebene Dauer des Moscheebesuchs („70 – 90 min“) liegt unterhalb der Dauer, die teilnehmende Klassenkamerad/inn/en dem Sohn des Betroffenen gegenüber mit ca. 2 Stunden angaben.]

IX. Bestimmungsrecht von Eltern (bzw. Schülern ab 14 Jahren)

Religionsunterricht gegen den Willen der Eltern ist unzulässig. Nach Artikel 7 II GG haben „die Erziehungsberechtigten das Recht, über die Teilnahme ihres Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen“ (Ab dem 14. Lebensjahr die Schüler selbst, § 5 KErzG). Dementsprechend darf die Schule nach § 4 VIII SchulG „die religiösen und weltanschaulichen Grundsätze nicht verletzen, nach denen Eltern ihre Kinder erzogen haben wollen.“

Soweit der Lehrplan des Schleswig-Holsteinischen Bildungsministeriums für den Erdkundeunterricht beim Topos „Der Orient – Machtfaktoren, Wasser und Erdöl“ mit Unterthema „islamische Lebensformen“ den „Besuch einer Moschee“ anregt, darf dies jedenfalls nicht in islamischen Religionsunterricht ausarten.

Der Staat darf Art 7 II GG auch nicht unterlaufen, indem er Religionsunterricht als „Erdkundeunterricht“ verkauft. ´Falsa demonstratio non nocet´ hieß es schon im altrömischen Recht: Es kommt nicht auf die Etikettierung an!

 X. Islam = keine anerkannte Religionsgemeinschaft i.S.d. Art 7 III GG

Religionsunterricht an staatlichen Schulen darf nur durch staatlich anerkannte „Religionsgemeinschaften“ i.S.d. Art 7 GG erteilt werden. Die hierfür erforderlichen organisatorisch-strukturellen Voraussetzungen erfüllt der Islam (noch) nicht (Waldhoff, Gutachten D zum 68. Deutschen Juristentag, Beck, 2010, S. 91 und 107).

Schwerer wiegen aber die – von Waldhoff übergangenen – grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Islam (Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, Duncker & Humblot, 2010, S. 119 f.; Vosgerau, Freiheit des Glaubens und Systematik des Grundgesetzes, Duncker & Humblot, 2007, S. 111 f. und 168 f.).

XI. Verstoß gegen die weltanschauliche Neutralität und Art 3 III GG

Im Moscheebesuch liegt auch ein Verstoß gegen die weltanschauliche „Neutralität“ des Staates (vgl. zu diesem Verfassungsgrundsatz die von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht zitierte Habilitationsschrift von Huster, Die ethische Neutralität des Staates, Mohr Siebeck 2002, 2. Aufl. 2017).

Anders wäre es, wenn der „Integration“ dienende ´Schulprojekte´ gleichermaßen den Besuch christlicher Kirchen und jüdischer Gotteshäuser vorsähen. Dies aber war – soweit ersichtlich – in Deutschland bisher nie der Fall.

Außerdem wird unter dem Feigenblatt staatlicher „Neutralität“ mit zweierlei Maß gemessen: Bei muslimischen Schülerinnen, die Befreiungen aus religiösen Gründen beantragen, wird monatelang mit den Eltern interkultureller ´Dialog´ gesucht; bei einem deutschen Schüler wird – wie der Fall zeigt – nicht lange gefackelt. Umgehend bekamen die Eltern Bußgeldbescheide. (Es handelt sich bei dem betroffenen Jungen um einen sehr guten Schüler, der ansonsten noch nie in der Schule gefehlt hatte.)

Zudem: Schon in der Verpflichtung zur Teilnahme und deren rigorosen Durchsetzung liegt aus Sicht der Schüler eine den Islam gutheißende Stellungnahme des Staates. (Diese Gutheißung soll ja auch – aus integrationspolitischen Gründen – zum Ausdruck gebracht werden.) Die Begleitung durch eine „neutrale“ Lehrkraft ändert nichts daran. Laut dem Sohn des Betroffenen hat nicht einmal eine einordnende Nachbearbeitung im Unterricht stattgefunden. (Die Erdkundelehrerin konnte sich am 04.7.2018 im Zeugenstand an den Moscheebesuch vom 14.6.2016 „nicht mehr erinnern“.)

XII. Abwägung mit dem staatlichen Erziehungsauftrag aus Art 7 I GG

Der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag und die diesen konkretisierenden Schulgesetze sind im Lichte der Grundrechte von Eltern und Schülern nach dem Grundsatz ´praktischer Konkordanz´ abzuwägen. Beide Seiten sollen bestmöglich zur Entfaltung kommen.

Ohnehin verweist § 4 VIII SchulG auf Art 6 II Grundgesetz („Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“) § 4 VIII SchulG bestimmt zudem: „Die Schule darf die religiösen und weltanschaulichen Grundsätze nicht verletzen, nach denen die Eltern ihre Kinder erzogen haben wollen.“

XIII. Gilt die Religionsfreiheit auch für Atheisten?

Das angefochtene Urteil nimmt Atheisten vom Schutz der Religionsfreiheit aus, weil sich aus dem Atheismus schon seiner Natur nach „keine verbindlichen glaubensbegründeten Verhaltensgebote“ ergeben könnten (Urteil, S. 10 unten). Das kann nicht richtig sein.

1. Art 136 IV Weimarer Reichsverfassung (WRV), der laut Art 140 GG „Bestandteil dieses Grundgesetzes“ ist, lautet: „Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen (…) gezwungen werden.“ Das Wort „niemand“ schließt ersichtlich auch Atheisten ein. Wir boten Zeugenbeweis dafür an, dass die Schüler in der Moschee Kleidungsvorschriften beachten, auf dem Teppich sitzen und vor dem Betreten ihre Schuhe ausziehen mussten. Das Amtsgericht läßt auch dies „dahinstehen“ (S. 10 unten).

  1. „Systematisches Muttergrundrecht“ des Art 4 GG ist die Gewissensfreiheit (Vosgerau a.a.O., S. 178). Dementsprechend erklärt Art 4 Absatz 1 nicht nur die Freiheit des religiösen, sondern auch des „weltanschaulichen Bekenntnisses“ für „unverletztlich“. Das Bundesverfassungsgericht sieht in Art 4 GG ein einheitliches Grundrecht auf „Religionsfreiheit“, wobei (selbst) die „Religionsausübung“ des Art 4 Abs. 2 „über ihren Wortlaut hinaus in gleicher Weise für Weltanschauungen gilt“ (BVerfGE 24, 236, 245 f. – ´Aktion Rumpelkammer´; BVerwGE 89, 368, 370 f., Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art 4, Rz 8 u. 10).
  1. Säkulare „Weltanschauungen“ im Rechtssinne setzen voraus, dass sie – ähnlich wie Religionen – „auf umfassende Weise den Sinn der Welt und des menschlichen Lebens erklären“ jedenfalls „Gewissheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen“ beinhalten (BVerfGE 105, 279/293, Bhagwan-/“Osho“-Sekte; BVerwGE 90, 112/115; Jarass a.a.O.).

Das trifft auf Atheisten zu (´Urknall´- und Darwins Evolutionstheorie etc.). Bei aller Unterschiedlichkeit der Fraktionen lehnen sie gemeinsam Religion ab, jedenfalls Teilnahme an religiösen Zeremonien wie z.B. an Gebeten in sakralen Bauten. Daher greift ein Moscheebesuch in den Kern atheistischer Weltanschauung ein.

  1. Der berühmte Kruxifix-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts von 1995 schützte die „negative Religionsfreiheit“ von anthroposophischen, also zwar nicht atheistischen, aber gnostisch-esoterisch[3] orientieren Schülern und Eltern vor nicht-„neutraler“ staatlicher Indoktrination mit „appellativem Charakter“.

Diese „Indoktrination“ bestand lediglich im Aufhängen eines christlichen Kreuzes in Klassenzimmern. Das Kreuz muß seither auch in Bayern von der Schulwand entfernt werden, wenn auch nur ein Schüler dies verlangt. Weil das Lernen ´unter dem Kreuz´ einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die ´negative Religionsfreiheit´ beinhalte. Geschützt wurden die „Empfindungen Andersdenkender“ (Urteil, C., am Ende), insbesondere „von Nichtchristen oder Atheisten“ vor missionarischem Einfluß (Urteil, C. II. 2. b).

Dann aber darf auch kein Schüler zum ´Besuch´ islamischer Moscheen gezwungen werden, um sich dort in koranischen Gebetsritualen unterweisen bzw. sich diese vorbeten oder „demonstrieren“ zu lassen, wie es im Urteil (S. 7 unten) beschönigend heisst. Dort wird zwangsweiser Moscheebesuch mit freiwilliger Teilnahme von Urlaubs-Touristen an folkloristischen Darbietungen verwechselt.

Fazit: Atheisten dürfen nicht a` la(h) Amtsgericht Meldorf aus dem Schutzbereich negativer Religionsfreiheit vor dem Islam herausgenommen werden.

XIV. Nur imperative Glaubenssätze?

Das Bundesverfassungsgericht stellte zuletzt im Kopftuch-Beschluß vom 27.1.2015 klar, dass die Religionsfreiheit „nicht nur imperative Glaubenssätze“ schützt (BVerfGE 138, 296, 1 BvR 471/10 u. 1181/10, Rz 85). Jedenfalls wenn es um Rücksicht auf den Koran geht, kommt es nicht darauf an, ob ein bestimmtes Verhalten dort tatsächlich vorgeschrieben ist. Vielmehr reichen bereits gefühlte Vorschriften.

Das Amtsgericht meint aber, nur imperative Glaubenssätze könnten sich bei der Abwägung mit dem schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag durchsetzen. Es stützt sich auf zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.9.2013, dessen neuere Rechtsprechung einen Anspruch auf Unterrichtsbefreiung nur noch bei Glaubensgeboten „imperativen Charakters“ in Betracht zieht:

1.) BVerwG, Az. 6 C 25/12: Muslimische Eltern, die gegen koedukativen Schwimmunterricht protestierten, hatten den ´Burkini´-Kompromiß zu akzeptieren.

2.) BVerwG, Az. 6 C 12/12: Hier protestierten Zeugen Jehovas gegen die Vorführung des Filmes „Krabat“, weil dieser schwarzmagische Praktiken zeigt.

a) Die Vorinstanz, Oberverwaltungsgericht NRW, hatte festgestellt, dass der Schüler vom Besuch des Kinofilms zu befreien war (Beschluß vom 22.12.2011, Az. 19 A 610/10). Argument:

„Die Eltern hätten nachvollziehbar ihre ernsthafte Glaubensüberzeugung dargestellt, nach der sie das (…) im Film zur Anschauung gebrachte Praktizieren schwarzer Magie ablehnen. (…)

Da der Sohn an der Besprechung des Buches im Unterricht sowohl vor als auch nach dem Kinobesuch teilgenommen habe, müsse der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag (…) ausnahmsweise zurücktreten.“[4]

Zu Recht betont das OVG, dass „nicht jede“ gewünschte „Intensität staatlicher Erziehungs- und Bildungsarbeit“ das Zurücktreten elterlicher Glaubens- und Erziehungsrechte bewirken könne (Leitsatz 2), selbst wenn die Schule das Neutralitätsgebot beachtet. Andernfalls würden die Grundrechte der Schüler und Eltern letztlich leerlaufen (Rz 51 und 57).

Auch das Argument der Schulleitung, es dürfe „kein Präzedenzfall“ geschaffen werden, wies das OVG zurück, „weil dies am Glaubenskonflikt im konkreten Einzelfall vorbeigeht und auf ein einseitiges Zurücktreten der Eltern- und Schülerrechte hinausliefe.“ (Rz. 80) In der Tat wären kaum noch Fälle denkbar, in denen die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Unterrichtsbefreiung[5] aus weltanschaulichen Gründen in Betracht käme (Rz 80).

b) Aber auch das OVG unterstellt – wie das Bundesverwaltungsgericht -, dass Befreiung vom Unterricht stets eine (näher bestimmte) „ernsthafte Glaubensüberzeugung“ voraussetze, die spätestens im Gerichtsverfahren „nachvollziehbar und überzeugend“ unter „Angabe konkreter Bibelstellen“ bzw. „Schriften ihrer Glaubensgemeinschaften“ darzulegen sei.

Das aber kann wegen des überragenden Stellenwerts „negativer Religionsfreiheit“ und „weltanschaulicher Neutralität“ des Staates, den diese seit dem Karlsruher Kruzifix-Beschluß erlangten, nicht richtig sein: Dort war weder von „imperativen“, noch sonstigen „Glaubenssätzen“ die Rede.[6] Es ging gerade nicht um die (positive) Bekenntnisfreiheit einer bestimmten Weltanschauungsgemeinschaft und deren „Glaubensüberzeugungen“, sondern um die negative Bekenntnisfreiheit der Dissidenten. Denn hierzu gehört

„auch die Freiheit, kultischen Handlungen eines nicht geteilten Glaubens fernzubleiben. Diese Freiheit bezieht sich auch auf Symbole, in denen ein Glaube (…) sich darstellt. Art. 4 I GG überläßt es dem Einzelnen zu entscheiden, welche religiösen Symbole er verehrt und welche er ablehnt. Zwar hat er (…) kein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen (…) verschont zu bleiben. Davon zu unterscheiden ist aber eine vom Staat geschaffene Lage, in [er] ohne Ausweichmöglichkeiten dem Einfluß eines bestimmten Glaubens (…) ausgesetzt ist. Insofern entfaltet Art. 4 I GG seine freiheitssichernde Wirkung gerade in Lebensbereichen, die (…) vom Staat in Vorsorge genommen wurden [Anm.: Schule]. Dem trägt auch Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 IV WRV dadurch Rechnung, daß er ausdrücklich verbietet, jemanden zur Teilnahme an religiösen Übungen zu zwingen.“ (Urteil Rz 34, Hervorhebungen nur hier)

Kern des Neutralitätsgebots ist das Verbot der „Identifikation“ des Staates mit einer bestimmten Weltanschauung (Schachtschneider a.a.O., S. 37).

Eine solche Identifikation sah das Bundesverfassungsgericht aber schon im Aufhängen des christlichen Kreuzes in Klassenzimmern (oder Gerichtssälen).

Dementsprechend stellte der Kopftuch-Beschluss – unter Hinweis auf den Kruzifix-Beschluß – klar, dass Art 6 II und 4 GG „das Recht der Eltern“ beinhalten, ihre „Kinder von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten“, die ihnen „falsch oder schädlich erscheinen“ (1 BvR 471/10 u. 1181/10, Rz. 106).

Im Grunde verordnete der Kruzifixbeschluß also Rücksicht auf ´Allergie´ von Nichtchristen (jedweder Couleur) gegen das Christentum. Auf Zugehörigkeit zu einer Glaubens- oder Weltanschauungsvereinigung kam es für die Dissidenten ebenso wenig an, wie auf verbindliche Glaubenssätze, die einen „ernsthaften Glaubenskonflikt“ im gebräuchlichen Sinne auszulösen vermögen. Ernsthaft und nachvollziehbar musste vielmehr nur die „Ablehnung“ aufgrund widerstreitender Weltanschauung sein – und sei diese atheistisch.

Dann aber muss auch eine Ablehnung des Islam berücksichtigt werden. Erst recht von staatlichen Schulen (Kindeswohl !). Zumal der Islam fundamentale Verfassungsprinzipien missachtet (hierzu sogleich).

Ein Moscheebesuch in vorliegend erfolgter Weise ist zwar im Vergleich zum Kreuz im Klassenzimmer ein kürzerer, aber wesentlich intensiverer und u.U. viel nachhaltiger und missionarischer wirkender Eingriff in die (negative) Religionsfreiheit. „Das Gewicht einer Beeinträchtigung von Grundrechten bemisst sich nicht allein nach ihrer Dauer“ (so zu Recht OVG Münster a.a.O. beim „Krabat“-Film, dort Rz. 70 und 71).

Integrationspolitische Gründe, die das Bundesverwaltungsgericht zu einer Änderung seiner vormals – v. a. Muslimen gegenüber – großzügigeren Rechtsprechung bewogen haben mögen, rechtfertigen kein völliges Zurückdrängen der Grundrechte nichtmuslimischer Schüler und deren Eltern.

XV. Islam

Für den Fall, dass der erkennende Senat nach bisherigem Vorbringen keine durchgreifenden Gründe i.S.d. § 15 SchulG sieht, um das Kind vom Moscheebesuch zu befreien oder einer Parallelklasse zuzuweisen, wird der Unterzeichner sich nunmehr mit dem Islam befassen müssen.

  1. Bedenken gegen dessen Verfassungskonformität ergeben sich allerdings nicht schon daraus, dass er in seiner Binnenorganisation, soweit diese keine Auswirkung auf die Außenwelt hat, die Gleichberechtigung der Geschlechter nicht akzeptiert oder undemokratische Strukturen aufweist. Z. B. ist es Frauen in der katholischen Kirche verwehrt, das Priesteramt zu übernehmen. „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde“ (Art 137 III WRV).[7]

Das Bundesverfassungsgericht (wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte) hat die Zeugen Jehovas als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ (Art 137 V WRV) anerkannt, weil die verfassungsrechtlichen Anforderungen für Binnenstrukturen von Religionsgesellschaften geringer seien. Insbesondere müssten sie sich nicht die Staatszielbestimmungen des Art 20 GG zueigen machen. Gerade hierin läge die säkulare Trennung von Staat und Kirche, die eben wechselseitige Unabhängigkeit bedeute (BVerfGE 102, 370 vom 19.12.2000, S. 397).

Daher konnte das religiöse Verbot der Zeugen Jehovas, an staatlichen demokratischen Wahlen teilzunehmen, keine Versagung des Körperschaftsstatus rechtfertigen (K. Pabel, Zeugen Jehovas, in: Menzel/ Müller-Terpitz (Hrsg.), Verfassungsrechtsprechung, Mohr Siebeck, 2. Aufl. 2011, S. 668 f./670):

„Zwar gehört das Demokratieprinzip zu den in Art. 79 III GG genannten ewigen Bestandteilen des GG. Die Bf … will [jedoch] nicht die Demokratie durch eine andere Staatsform ersetzen. Ihre Bestrebungen sind apolitisch, sie richten sich auf ein Leben jenseits des politischen Gemeinwesens.“ (Pressemitteilung des BVerfG Nr. 159/2000 vom 19.12.2000[8]).

Rechtstreue? Es reicht, wenn Religionsgesellschaften „im Grundsatz“ bereit sind, Recht und Gesetz zu achten, bei Konflikten zwischen Gewissen und Gesetz die Gerichte anzurufen und sich dem Richterspruch zu unterwerfen (Urteil, Rz 81/ 82).

  1. Jedoch müssen sie die Gewähr bieten, dass sie „fundamentale Verfassungsprinzipien“ (Art 79 III GG) nicht „beeinträchtigen“ und nicht auf eine theokratische Herrschaftsordnung hinwirken. Diese Verfassungsprinzipien wurden bei den Zeugen Jehovas auffällig breit erörtert; offenbar „bereits im Hinblick auf islamische Gruppierungen“ (Pabel a.a.O.).

Das Bundesverfassungsgericht führt in seiner Pressemitteilung zum Fall der Zeugen Jehovas zusammenfassend aus:

„An einzelne Grundrechte sind die korporierten Religionsgemeinschaften
– außer in Ausübung hoheitlicher Befugnisse – zwar nicht unmittelbar gebunden. Der Staat darf aber einen Status, der (…) einen erhöhten Einfluss (…) vermittelt, nicht an eine Religionsgemeinschaft verleihen, gegen die einzuschreiten er zum Schutz grundrechtlicher Rechtsgüter berechtigt oder gar verpflichtet wäre. So verpflichtet ihn das Grundgesetz, menschliches Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen.
Kinder können staatlichen Schutz ihres Grundrechts aus Art. 2 I und II Satz 1 GG beanspruchen; dabei bildet das Kindeswohl den Richtpunkt für den staatlichen Schutzauftrag aus Artikel 6 II 2 GG.
Artikel 4 GG fordert vom Staat, jeden Einzelnen und religiöse Gemeinschaften vor Angriffen und Behinderungen zu schützen. Ebenso darf das Verhalten von Religionsgemeinschaften, die mit bevorzugtem Status ausgestattet sind, die Freiheitlichkeit des Staatskirchenrechts nicht beeinträchtigen oder gefährden. Das Verbot einer Staatskirche und die Prinzipien von Neutralität und Parität müssen unangetastet bleiben.“[9]

„Parität“ entspricht der abgestuften Chancengleichheit politischer Parteien nach § 5 ParteienG. Mehrheitsverhältnisse bei religiösen Bekenntnissen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch in der Schule keineswegs unbedeutend (so schon die Urteile zur Simultanschule und christlichen Bekenntnisschule). Diese Mehrheitsverhältnisse können sich im „demographischen Wandel“ der Zeit ändern und tun dies bekanntlich auch.

Die Verknüpfung des verfassungsrechtlichen Prinzip der „Neutralität“ mit dem Prinzip der „Parität“ stützte früher das in der Nachkriegszeit zunächst wiedererstarkte Christentum, auf lange Sicht jedoch Religionen, die sich demographisch letztlich durchsetzen, was bei der Zuwanderungspolitik zu beachten wäre.

3. Diese Maßstäbe auf den Islam angewendet ergibt Folgendes

a) Pflicht zum Dschihad
Moscheen sind – anders als Kirchen oder Synagogen – nicht nur Gotteshäuser, sondern seit Mohammeds Zeiten auch logistische Zentren zur Eroberung nichtislamischer Gebiete. Die mittlerweile weit über 1000 Moscheen in Deutschland sind auch Kasernen, die der Kolonialisierung fremder Länder dienen. Sicher wird auch gepredigt und gebetet. Aber die Gebete drücken u. a. den Wunsch aus, dass Allah den „RECHTGLÄUBIGEN“ die Kraft gibt, die „UNGLÄUBIGEN“ zu besiegen und ihr Land zu erobern. Damit Allahs Gesetze – die sich auf Koran und Tradition gründende Scharia – auch dort herrschen.
(Vgl. Hans-Peter Raddatz, „Expertise zur Verkettung Minarett-Moschee-Scharia als politischer Machtbasis des Islam“).

Viele Koran-Verse lassen keinen Zweifel daran. Z.B.:
– Sure 8, Vers 55: „Als die schlimmsten Tiere gelten bei Gott diejenigen, die ungläubig sind und auch nicht glauben werden.“ (Übersetzung: Rudi Paret, Der Koran, Kohlhammer Verlag, 11. Aufl. 2010).

– Sure 9, Vers 111: „Gott hat den Gläubigen ihre Person und ihr Vermögen dafür abgekauft, dass sie das Paradies haben sollen. Nun müssen sie um Gottes Willen kämpfen und dabei töten und/oder selber den Tod erleiden.“

Deutlicher kann die zwar nicht von jedem Einzelnen, aber gemeinschaftlich zu erfüllende Pflicht der Muslime zum – notfalls gewaltsamen – Dschihad kaum zum Ausdruck kommen.

Im Rahmen der Pariser Terroranschläge vom 13.11.2015 kam es im Bataclan-Theater zu den grausamsten Verstümmelungen von Menschen, die es je im neuzeitlichen Europa gab. Hierüber berichtete der Philosoph Jürgen Fritz unter Auswertung diverser Quellen, u.a. der französischen Zeitschrift Paris Match.[10]

Zu den Anschlägen bekannte sich am 14.11.2015 der Islamische Staat (IS) in einer Internet-Erklärung, der folgende Sure vorangestellt war:
„Er (Allah) ist es, der diejenigen vom Volke der Schrift, die ungläubig waren, aus ihren Heimstätten zur ersten Versammlung austrieb. (…) Allah kam von (dort) über sie, woher sie es nicht erwarteten, und warf Schrecken in ihre Herzen, so daß sie ihre Häuser mit ihren eigenen Händen und den Händen der Gläubigen zerstörten. So zieht eine Lehre daraus, o die ihr Einsicht habt!“ (Sure 59, Vers 2)

b) Dass der Islam etwas Gemeingefährliches an sich hat, erweist auch die „Alternative Kairoer Menschenrechtserklärung“ der Konferenz der 57 islamischen Staaten (OIC) von 1991.[11] Dort zeigt sich, dass der Islam – anders als andere Religionen – das weltethische „Prinzip der Gegenseitigkeit“ nicht anerkennt:[12] Die Kairoer Erklärung stellt sämtliche Menschenrechte unter den Vorbehalt der Scharia – und läßt sie somit nur für gläubige Muslime gelten. Beispiel:

„Das Recht auf körperliche Unversehrtheit wird garantiert. Jeder Staat ist verpflichtet, dieses Recht zu schützen, und es ist verboten, dieses Recht zu verletzen, außer wenn ein von der Scharia vorgeschriebener Grund vorliegt“ (Artikel 2 d der Kairoer Erklärung; Hervorhebungen nur hier).

Menschenrechte „werden nur in dem Maße an[erkannt], als sie sich mit den Vorschriften der Scharia in Einklang bringen lassen – eine Haltung, die seither maßgebliche Autoritäten in diesem Sinne wiederholt bestätigt haben, z.B. die Kairoer Azhar-Moschee, der Imam von Medina, der Fatwa-Experte Yusuf al-Qaradhawi (arab.: fatwa = Rechtsgutachten) und andere mehr.“[13]

Die Scharia ordnet „Körperstrafen wie Amputation von Hand und Fuß bei Diebstahl oder die Auspeitschung bzw. Steinigung bei Unzucht und Ehebruch“ an. Sie erlaubt sogar die Tötung wegen Ehebruchs oder Abfalls vom Glauben.[14]

Hiervor warnt auch die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher.[15] Sie ist Mitglied der wissenschaftlichen Beiräte des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BdK) und der Bundeszentrale für politische Bildung. Der Unterschied der Kairoer „Menschenrechtserklärung“ zur „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen ist fundamental und besorgniserregend, urteilt Schirrmacher. Ihr Fazit: Der Einfluß der Scharia in islamischen Gesellschaften ist – auch jenseits teilweise moderaterer staatlicher Gesetze – nach wie vor sehr groß.[16] [17]

Solche Gesellschaften wachsen in Deutschland bzw. Westeuropa seit einigen Dekaden als Parallelgesellschaften heran – und zunehmend als ´no-go-areas´.

c) Sowohl der Koran, als auch die sich auf ihn berufende Alltagspraxis des orthodoxen Islam ist unvereinbar mit Art 3 GG (Gleichheitsätze), Art 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) und Art 3 der internationalen Menschenrechtskonvention von 1966/Zivilpakt, also insb. der Gleichberechtigung von Mann und Frau:

Laut Koran, Sure 4, Vers 34 müssen muslimische Frauen ihren Ehemännern gehorchen oder geschlagen werden. („Und wenn ihr fürchtet, dass Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!“) Nach Sure 2, Verse 223 müssen sie ihrem Mann jederzeit sexuell zu willen sein („Eure Frauen sind euer Saatfeld. Geht zu eurem Saatfeld, wo immer ihr wollt!“). Ihre Zeugenaussage gilt vor Gericht nur die Hälfte und sie erben aufgrund ihres Geschlechts auch nur die Hälfte von dem, was ihnen als Mann zustünde. Wenn sie sich nicht verhüllen, dürfen sie von Männern belästigt werden und haben kaum Rechte, wenn sie wegen unzüchtiger Kleidung vergewaltigt werden. Die berüchtigte Kölner Silvesternacht belegt die Praxisrelevanz.

d) „Der Islam ist eine gewalttätige Ideologie im Gewande der Religion.“

So die Quintessenz des ehemaligen Berliner Finanzsenator und Ex-Vorstand der Deutschen Bundesbank Thilo Sarrazin (SPD) nach zweijährigem Studium des Korans in seinem Buch „Feindliche Übernahme“ (Finanzbuch Verlag 2018).

e) Hamed Abdel-Samad, Sohn eines ägyptischen Imams, beschrieb 2013 den „islamischen Faschismus“, was sich hinsichtlich der politischen Entwicklung der Türkei unter dem islamistischen Diktator Erdogan als prophetisch erweist. Parallelen zwischen dem Koran und Hitlers „Mein Kampf“ sind frappierend. Dementsprechend kollaborierten die Nationalsozialisten ab 1941 mit dem seinerzeitigen ägyptischen Großmufti aufgrund des gemeinsamen Judenhasses.

f) 2009 las der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Ernst-Wolfgang Böckenförde die Dissertation eines Islamwissenschaftlers mit „perfekter Kenntnis des Arabischen“, in der der Koran aufs Genaueste analysiert und auf seine Vereinbarkeit mit der Demokratie überprüft wird. (Lukas Wick: „Islam und Verfassungsstaat“, Würzburg 2009[18]). Jetzt kann sich Böckenförde der Einsicht nicht mehr verschließen, dass

der Staat dafür Sorge zu tragen [hat], dass (…) die Angehörigen des Islams durch geeignete Maßnahmen im Bereich von Freizügigkeit und Migration – nicht zuletzt im Hinblick auf die Türkei – in ihrer Minderheitenposition verbleiben, ihnen mithin der Weg verlegt ist, über die Ausnutzung demokratischer politischer Möglichkeiten seine auf Offenheit angelegte Ordnung von innen her aufzurollen. Darin liegt nicht mehr als seine Selbstverteidigung, die der freiheitliche Verfassungsstaat sich schuldig ist.“ (Böckenförde, Gastbeitrag auf FAZ-online v. 22.04.2009.[19]

g) Ähnlich artikulierte sich aber auch der Staats- und Verfassungsrechtler und ehemalige Verteidigungsminister Rupert Scholz im Focus vom 10.10.2015:

 „Das Prinzip der nationalen Identität und ihrer Wahrung ist dem Verfassungsstaat vorgegeben und bei entsprechender Gefährdung kraft wehrhafter Verfassungsstaatlichkeit auch aktiv zu schützen. Dies gilt naturgemäß (…) insbesondere gegenüber Flüchtlingen oder Einwanderern aus anderen Kulturkreisen, wie insbesondere dem Islam.“[20]

h) Der Staats- und Verfassungsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider veröffentlichte eine Monographie zu den „Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam“, die vom Bundesverfassungsgericht ignoriert wird. Sein Votum nach Analyse des Korans:
Muslime könnten sich zwar im Privatleben auf die (unverletzliche) Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Art 4 Abs. I GG berufen. Das Recht zur „ungestörten Religionsausübung“ im öffentlichen Raum (Art 4 Abs. II GG) hingegen gewährleiste die Verfassung von vorne herein nur säkularisierten Religionen, die Staat und Kirche jedenfalls insoweit trennen, dass sie keinen politischen Herrschaftsanspruch verfolgen. Der Islam könne dieses Recht nicht in Anspruch nehmen, da er imperativ Theokratie, Scharia und Unterordnung der Frau anstrebe. Auch Schachtschneider weist auf die vielen Koran-Verse hin, die zum globalen Dschihad aufrufen und auch Gewalt an Ungläubigen einschließen. All´ das sei unvereinbar mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und dem Gedanken der Völkerverständigung und daher verfassungsfeindlich. Deswegen seien nicht nur salafistische und dschihadistische, sondern islamische Vereine generell zu verbieten.

i) Koran „im Widerspruch zum Grundgesetz“

2016 wurde die „radikal-salafistische“ Vereinigung „Die wahre Religion“ vom Bundesinnenministerium verboten. Dieser Verein hatte 3,5 Millionen Koran-Exemplare in Deutschlands Fußgängerzonen verteilt. Nach Auffassung von Verfassungsschutz und Bundesinnenministerium standen seine „Lehren“ „im Widerspruch zum Grundgesetz“. Die Organisation hätte zur Radikalisierung beitragen und 140 Teilnehmer der „Lies!“-Aktionen hätten sich im nahen Osten der islamischen Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen.[21]

Jedoch: Worin bestanden die „Lehren“ des Vereins? „Radikal-salafistisch“ ist der Koran selbst. Folglich müssten alle Vereinigungen in Deutschland, die sich auf den Koran berufen nach Artikel 9 II GG verboten werden:

 „Vereinigungen, deren Zwecke oder Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.“

Islamischen Vereinigungen müsste also nicht nur die Etablierung als Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art 137 V WRV und als „Religionsgemeinschaft“ i.S.d. Art 7 III GG versagt werden; sie müssten sogar verboten werden. Gleiches gilt für islamische Parteien nach Art 21 II GG.

Dies wäre nach Europäischer Menschenrechtskonvention auch zulässig, wenn es „notwendig [ist] für die öffentliche Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Gesundheit oder Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer“ (Art 9 II EMRK und nahezu gleichlautend Art 11 II EMRK).

Das letzte Wort hätte allerdings der Straßburger Menschengerichtshof.[22]

XVI. Statt staatlicher Warnungen Zwang zum Moscheebesuch?

  1. Vorliegend hatte der Betroffene gegen den Moscheebesuch Sicherheitsbedenken vorgebracht wegen sich häufender islamistischer Terrorattentate und tödlicher ´Einzelfälle´.

Die Schulklasse besuchte die „Centrumsmoschee“ in Rendsburg, die „2008 als Moscheeverein der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) eröffnet“ wurde[23]. Laut Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz von 2015 will die „Milli-Görüs“-Bewegung die Herrschaft der Scharia in Deutschland durchsetzen. Sie wurde von dem türkischen Politiker und früheren Erdogan-Mentor Necmettin Erbakan gegründet,[24] der von Ägyptens Muslimbrüdern, der Mutterorganisation des Islamismus, geschult wurde. Erbakan wollte in der Türkei ein islamistisches Staatswesen errichten.[25] Die Konrad-Adenauer-Stiftung zitiert ihn mit den Worten „Wir werden ganz sicher an die Macht kommen, ob dies jedoch mit Blutvergießen oder ohne geschieht, ist eine offene Frage.“[26]

  1. Der Betroffene wollte auch einer Missionierung seines Kindes vorbeugen. Der Besuch von Moscheen kann Türöffnungsfunktion für Kinder und Jugendliche haben, insbesondere wenn sie – wie vorliegend die Centrumsmoschee – über ein ´Kulturzentrum´ mit Jugendkaffee etc. verfügen.

Das Bundesverfassungsgericht hat Staatsorganen öffentliche Warnungen vor Jugend-Sekten gestattet, soweit sie sachlich und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen:

„Die Bundesregierung durfte Parlament und Öffentlichkeit über die Osho      – Bewegung (…) sowie deren Ziele und Aktivitäten informieren. Dabei konnte sie sich auf ihre verfassungsunmittelbare Aufgabe der Staatsleitung stützen, ohne dass es einer zusätzlichen gesetzlichen Ermächtigung bedurft hätte.“ (Band 105, S. 279/ 293 f., Rz 72).[27]

Hierin sah auch der Straßburger Menschengerichtshof (EGMR) keine Verletzung der Religionsfreiheit i.S.d. Artikel 9 EMRK (Urteil vom 6.11.2008, No. 58911/00, Leela vs. Deutschland, NVwZ 2010, 177 f., vgl. Von Coelln, Glykol/Osho, in: Menzel/ Müller-Terpitz a.a.O., S. 696 f. /700).

Betroffen war seinerzeit die eher harmlose „Osho“-Sekte des 1990 verstorbenen indischen Philosophen und Meditationslehrers „Bhagwan“ (dessen Schüler heute Stressmanagementseminare für Großkunden wie IBM und BMW in den USA leiten.[28])

Im Falle des wesentlich gefährlicheren Islam geschieht nichts dergleichen. Im Gegenteil: Der Staat warnt die Jugend nicht vor Moscheen, sondern zwingt sie zu deren Besuch. Kafkaesk! (Gleichzeitig werden Schüler in Schleswig-Holstein mit sog. ´Bildungsplänen´ zur Akzeptanz sexueller Vielfalt traktiert.[29])

XVII. Darf der Staat Glauben „bewerten“?

Letztlich kann die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der Staat dürfe wegen seiner religiös-weltanschaulichen Neutralität keinen „Glauben bewerten“ (BVerfGE 12, 1) und Religionen nur nach dem Verhalten ihrer Anhänger beurteilen (BVerfGE 102, 370, Rz 63), in dieser Pauschalität nicht richtig sein kann. Richtig mag das hinsichtlich transzendenter Vorstellungen und des theologischen Kerns sein. Aber jenseits – oder besser: diesseits – davon gibt es viel „zu bewerten“, gerade bei einer offensiv politischen Religion wie dem Islam: Seine Schriften, seine oft grausame Eroberungsgeschichte und die gegenwärtige in aller Regel demokratieferne Realität islamisch dominierter Staaten.

Wie bei Vereinen und politischen Parteien (zuletzt im NPD-Urteil) muss der Verfassungskern (Art 79 III GG) auch gegenüber Religionen zum Prüfstein werden, bevor kollektive Gewalt angedroht wird – oder dies aufgrund demographischer Entwicklung gar nicht mehr erforderlich ist, um die Macht zu übernehmen. Hinterher könnte es zu spät sein, was dem Gedanken einer ´wehrhaften Demokratie´ (Art 20 IV GG) zuwider liefe.

Im Glaubensabwerbungs-Urteil von 1960 hatte das Bundesverfassungsgericht noch die ´Kulturadäquanz-Formel´ erwogen:

„Das Grundgesetz hat nicht irgendeine, wie auch immer geartete freie Betätigung des Glaubens schützen wollen, sondern nur diejenige, die sich bei den heutigen Kulturvölkern auf dem Boden gewisser übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen im Laufe der geschichtlichen Entwicklung herausgebildet hat.“

Diese Abgrenzung sei jedoch wegen „der einzigartigen Stellung“ der Religionsfreiheit und der „kategorischen Formulierung“ in Artikel 4 GG „schwierig“. (BVerfGE 12, 1, Rz. 9)

Die Kulturadäquanz-Formel vertrat das Bundesverfassungsgericht 1968[30] noch halbherzig, um sie später – insbesondere mit den Kopftuch-Beschlüssen[31] – endgültig fallen zu lassen. Sie wurde 2010 auf dem 68. Deutschen Juristentag – wegen der „Herausforderungen des deutschen Religionsrechts“ angesichts „verstärkter Präsenz des Islam und des Rückgangs der Zahl der Kirchenmitglieder“- immerhin andiskutiert,[32] letztlich aber auch hier verworfen. Vor allem wegen des „Gebots der weltanschaulichen Neutralität des Staates.“

Stattdessen wird im Religionsverfassungsrecht – verfangen im „Dilemma“ des freiheitlich-säkularen Verfassungsstaats (Böckenförde) – gebogen und gewendet, bis es gerade passt; Goethes Mephisto im „Faust“ läßt grüßen.

Die grundsätzlichen Rechtsfragen, die der Islam aufwirft, sind „quälend schwierig“, und „führen mitten hinein in einen Verhau aus historisch gewachsenen Tabus.“[33]

2016 verhandelte der Deutsche Juristentag nur noch über Rechtsprobleme der „Integration“ (statt des Islams oder Kontrolle deutscher Grenzen), jedenfalls auf der abschließenden Podiumsveranstaltung mit (u.a.) Ex-Bundesinnenminister De Maiziere und Verfassungsrichter Dr. Maidowski.[34]

Letztlich spitzt sich im Zeitalter von Globalisierung und Massenmigration die alte Frage nach Wesen und Begriff des Rechts nochmals zu. Man muss sich über Grundgedanken von Recht und Gerechtigkeit neu vergewissern:

a) Genügen formale ´gleiche Freiheit´ und All-´Akzeptanz´ als einzig absolute ´Werte´ und staatliche Erziehungsziele?[35] Sind sie geeigneter Ersatz für jahrtausendealte „oberste Bildungsziele“ wie Aufgeschlossenheit für das „Wahre, Gute und Schöne“ und „Ehrfurcht vor Gott“ (vgl. Art 131 Bayrische Landesverfassung), die damit zu Geschmackfragen degradiert werden?

b) Gehören zum „Recht“ – neben vage Umschriebenen (z.B. GG-Präambel) – auch Funktionsbedingungen staatlicher Gemeinschaft (z.B. relative Homogenität des Volkes; Christentum als Quelle ethischen Konsenses; „Ehe“ nur zwischen Mann und – einer – erwachsenen! – Frau)?

c) Haben Fundamente von Staat und Gesellschaft wenigstens insoweit rechtliche Relevanz, als die Väter des Grundgesetzes sie für selbstverständlich hielten? Hat die (Über-)Lebensfähigkeit des Gemeinwesens überhaupt rechtliche Relevanz?

Der aufklärerische Philosoph John Locke schrieb im Jahre 1690:

„das erste und grundlegende natürliche Gesetz, welches selbst über der legislativen Gewalt gelten muß, [ist] die Erhaltung der Gesellschaft und – soweit es vereinbar ist mit dem öffentlichen Wohl – jeder einzelnen Person in ihr ist.“ [36]

Hier wird die „Erhaltung der Gesellschaft“ als Grenze selbst für den demokratischen Gesetzgeber markiert. Heute erkennt die Rechtsprechung weder einen Gemeinschafts[37]-, noch einen Kulturvorbehalt des Grundgesetzes an.

„Fiat justitia, pereat mundus“[38] – wenn nicht sogar ´Nach-uns-die-Sintflut´ – scheint der Wahlspruch des modernen Verfassungsstaats zu sein, der aus vorrechtlichen Gelingensvoraussetzungen „kein verfassungsrechtliches Argument“ mehr schmieden darf.[39]

Darin liege eben „das großes Wagnis“ im Sinne Böckenfördes, dass der freiheitliche, säkularisierte Staat um der „Freiheit“ Willen eingegangen ist. Aber die Roulettekugel rollt noch.

B.
Zulassung der Rechtsbeschwerde
zur Fortbildung des Rechts

I. Die Fortbildung des Rechts besteht darin, bei der Auslegung von Rechtssätzen Leitsätze aufzustellen (BGHSt 24, 15, 21; OLG Bamberg DAR 2011, 212 = VRR 2011, 83; OLG Hamm DAR 1973, 139; DAR 2010, 99 = VRR 2011, 75;M OLG Köln NZV 2010, 270 = NStZ-RR 2010, 88). Mit der Zulassung soll das Rechtsbeschwerdegericht die Möglichkeit erhalten, seine Rechtsauffassung in für nachgeordnete Gerichte richtunggebender Weise zum Ausdruck zu bringen. Das kommt bei entscheidungserheblichen Rechtsfragen in Betracht, die klärungsbedürftig und von allgemeiner praktischer Bedeutung sind (Burhoff, Rechtsbeschwerde im Ordungswidrigkeitenverfahren, ZAP Heft 10/15, F.21, S. 263 f., im Internet veröffentlicht unter Burhoff online).

Einzelfälle, in denen der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts bejaht wurde, sind z.B.: „Der Anwendungsbereich der Bestimmung des § 80 OWiG selbst (OLG Hamm NJW 1974, 2098); Höhe des Sicherheitsabzuges bei Geschwindigkeitsmessungen der Polizei durch Nachfahren mit einem Fahrzeug (OLG Düsseldorf NJW 1988, 1039); ´Leinenzwang´ für Hunde (OLG Hamm JMBl. NW 1988, 69); fehlende Urteilsgründe (OLG Celle VRS 75, 463; OLG Hamm NZV 2001, 355.“ (Burhoff a.a.O.).

 II. Zum vorliegenden Fall

  1. Entscheidungserheblichkeit

Wie dargelegt, sind vorliegend folgende Fragen entscheidungserheblich:

a) Dürfen selbst erstmalige, geringfügige Verstöße gegen das Schulgesetz sofort mit Geldbußen geahndet werden? Oder nur wiederholte bzw. dauerhafte Schulverweigerung, wie es der „Leitfaden zum Bußgeldverfahren nach §144 SchulG“ des Landkreises Ostholstein vorsieht?

Bedenken gegen Ersteres ergeben sich – wie dargelegt –

aa) zunächst aus dem Schulgesetz selbst, weil

(1) § 4 Abs. 11 den Kompromiß zwischen Schule und Eltern vorsieht, soweit er sich im konkreten Fall aufdrängt (Stichwort: Zuweisung an eine Parallelklasse); aber auch

(2) § 4 Abs. 8, der Schulen verbietet, „die religiösen und weltanschaulichen Grundsätze (zu) verletzen, nach denen Eltern ihre Kinder erzogen haben wollen“.

bb) aber auch im Hinblick auf elterliche Grundrechte aus Art 6 II GG und (bei Religionsbezug) Art 4 und Art 7 GG, und schließlich

cc) aus Art 3 GG (Gleichheit vor dem Gesetz) insofern, als muslimische Migrantinnen, wenn es um koedukativen Sportunterricht und dergl. ging, bislang nie mit ähnlicher Rigorosität qua Ordnungsgeldern verfolgt wurden, wie dies vorliegend bei einem ´autochthonen´ deutschen Schüler der Fall ist;

b) Ist ein ´Moscheebesuch´, insbesondere in der hier erfolgten Weise, „Unterricht“ oder nur (nicht sanktionsbewehrte) „sonstige Schulveranstaltung“ i.S.d. § 26 SchulG? Ist er „Religionsunterricht“ i.S.d. Art 7 GG, dessen Teilnahme nach Art 7 II freiwillig sein muss und nach Art 7 III nur von anerkannten „Religionsgemeinschaften“ erteilt werden darf?

Ist er – jedenfalls wenn Druck oder Zwang auf Schüler und Eltern ausgeübt wird – auch unterhalb der Schwelle erlaubten „Religionsunterrichts“ i.S.d. Art 7 GG rechtswidrig wegen Verfassungswidrigkeit islamischer Vereinigungen?

Besteht wenigstens ein Befreiungsanspruch nach § 15 SchulG aufgrund der „negativen Religionsfreiheit“ von Schülern und Eltern? Ist – hilfsweise – Säumnis wegen Notstands nach § 16 OWiG gerechtfertigt?

2. Klärungsbedürfigkeit und allgemeine praktische Bedeutung

a) Der vorliegende Prozeß hat viel mediale Beachtung im In- und Ausland erfahren. Sein Ausgang wirkt auf Schüler und Eltern in ganz Deutschland. Sollen diese künftig – selbst bei widerstreitender Weltanschauung – aus Angst vor Ordnungsgeldern davor zurückschrecken, ihr Kind vom Besuch einer Moschee abzuhalten? Schon dies indiziert „allgemeine praktische Bedeutung“ der vorliegend entscheidungserheblichen Fragen.

b) Allgemein-praktische Bedeutung kommt diesen Fragen insbesondere wegen der Tendenz deutscher Gerichte und Behörden zu, im Zuge des als unaufhaltsam betrachteten ´demographischen Wandels´ einer Islamisierung entgegenzueilen.

aa) Im Zivilrecht wurden selbst Bestandteile der Scharia wie das „Züchtigungsrecht des Ehemannes“ schon akzeptiert,[40] anstatt dem mittels des deutschen ordre public (Art 6 EGBGB) einen Riegel vorzuschieben. Dadurch planierte man islamischen Fundamentalisten den Weg in die Parallelgesellschaft.

bb) Im Verwaltungsrecht vollzog sich eine ähnliche Entwicklung, die nun auch Schulrecht und Schule erreicht hat. Spätestens hier sind dem Islam Grenzen aus den Prinzipien des Jugendschutzes (Art 5 II GG) und Kindeswohls zu setzen.

cc) Aufgabe wäre, das Recht als Bollwerk gegen die islamische Umgestaltung des Gemeinwesens zu entfalten. Man darf nicht „versuchen, sich dieser Aufgabe durch diffuse Berufung auf ein konturlos bleibendes Neutralitätsgebot zu entziehen“ (Ladeur/ Augsberg, Toleranz – Religion – Recht, Mohr Siebeck 2007, S. 137).

Als schlichte Kehrseite des Willkür- und Verfolgungsverbots als elementarem rechtsstaatlichen Prinzip wäre ein Neutralitäts-Gebot kaum der Rede wert.

Man verleiht ihm aber eine weit darüber hinausgehende Bedeutung, die es in paradoxerweise in sein Gegenteil verkehrt. Das Gebot „ethischer Neutralität des Staates“ (Huster a.a.O.) muss seine Grenze bei Vereinigungen finden, die die freiheitliche demokratische Grundordnung[41] bekämpfen (Vosgerau a.a.O., S. 112).[42] Es darf auch nicht einseitig und überzogen ´gegen rechts´[43] – hier fast schon als orwell´sche Gedanken- und Gesinnungskontrolle gegen „Fremdenfeindlichkeit“ – instrumentalisiert werden, sondern muss auch bei Islam (und linksextremistischen Vereinigungen) den Anfängen wehren. Insbesondere dürfen Neutralitätsgebot und „Religionsfreiheit“ nicht zum Kampf gegen den Staat und seine Rechtsordnung missbraucht werden.[44]

dd) Europas Herausforderung durch den Islam wird pauschalisierend als gespenstisches Comeback „totgesagter Religion“ thematisiert, obwohl das Christentum – anders als der Islam – im Niedergang begriffen ist und gegenüber Wiederbelebungsversuchen in der Regel abgewunken wird. Das überall gepredigte „Differenzierungs-“Vermögen versagt bei dieser essentiellen Frage.

Der Gleichheitssatz des Grundgesetzes verlangt, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.[45] Eine Privilegierung des Christentums vor dem Islam kann vor dem Hintergrund des oben (A. XV.) zum Islam Zusammengefassten nicht gleichgesetzt werden mit dessen Diskriminierung i.S.d. Art 3 III GG oder politischer Verfolgung im Sinne des Asylrechts.

Art 1 II der UN-Charta gewährt allen Völkern und Nationen ein demokratisches „Selbstbestimmungsrecht“, kraft dessen sie „frei über (…) ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung“ entscheiden dürfen (Art 1 der Internationalen Menschenrechtskonvention/ Zivilpakt). Dies impliziert Volkssouveränität (Art 20 II 1 GG) als kollektives Menschenrecht, im Abendland eben abendländische „Bildungs- und Kulturwerte“ (vor morgenländischen) zu privilegieren.

Dies aber wird durch ein janusköpfiges „Gebot religiös-weltanschaulicher Neutralität“ verhindert, das einerseits dem Staat das Recht abspricht, sich auch nur symbolisch zum Christentum zu bekennen (einige juristische Stellungnahmen in der Debatte um Kreuze an öffentlichen Gebäuden in Bayern verdeutlichen das), ihm andererseits aber ermöglicht, den Islam aus integrationspolitischen Gründen zu etablieren.

ee) Die Rechtsprechung sollte sich beim Thema „Religionsfreiheit“ endlich mit den Fakten zum Islam in dessen Geschichte, Schriften und Gegenwart auseinandersetzen. Dies ist bislang nie geschehen.

Insbesondere nicht in den Kopftuch-Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts. Ausgerechnet die Hüter der Verfassung leisten der „stillen Islamisierung“ (Der Spiegel[46]) Vorschub, indem sie den Islam ungeprüft als Religion wie jede andere betrachten, der vorbehaltlos Religionsausübungsfreiheit zu gewährleisten sei.

Mit diesem Verständnis von Verfassung und europäischer Kultur folgt es einer zu bejahenden Akzeptanz und Narrenfreiheit übersteigerten „Toleranz“, die nicht nur die deutsche Zuwanderungspolitik der letzten Dekaden, sondern auch die Zukunft der Europäischen Union beherrscht (vgl. deren „Ziel“-Bestimmung in Artikel 2 EU-Vertrag: „Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten … gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität … auszeichnen.“)

Diese Toleranz-Ideologie hat sich in einen ´westlich´ oder sogar ´aufgeklärt´ genannten Zeitgeist hineingefressen, der sachliche Kritik am Islam als Verstoß gegen die Menschenwürde der Muslime betrachtet, aber die Menschenwürde der Nichtmuslime aus dem Blick verliert.

C. Abschließende Bemerkung zur „Toleranz“:

Die vorliegend betroffene Familie lebt alltäglich Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Sie wollte lediglich aus Überzeugung keine Moschee betreten. Es lag keineswegs in ihrer Absicht, die Schulklasse davon abzuhalten. Die Idee, dass sich die Mehrheit nach ihren Vorstellungen zu richten hätte, liegt ihnen fern. Ihnen aber wird diese Toleranz nicht entgegengebracht. Nicht, wenn sie keine Moschee betreten wollen – dann wird Ordnungsgeld verhängt. Der „Toleranz“-Begriff, der von Schulleitung, Landratsamt, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht vertreten wird, hat wenig mit Toleranz, aber viel mit totalitärem Zwang zu tun.

Auch das Bundesverfassungsgericht wird den Geist repressiver „Toleranz“ solange nicht in die Flasche zurückbekommen, wie es nicht seine Judikatur zur „Religionsfreiheit“ revidiert.

Alexander Heumann
Rechtsanwalt

Anlage, wie erwähnt

[1] Der SPIEGEL vom 26.3.2007,Haben wir schon die Scharia?“ (Heft-Titel: „Mekka Deutschland, Die stille Islamisierung“), URL: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-50990541.html

[2] Art 7 III 2 GG verlangt – wohl mit Blick auf den Verfassungskern (Art 79 III GG) – „staatliche Aufsicht“ schulischen Religionsunterrichts, was aber nichts am Recht anerkannter Religionsgemeinschaften ändert, (freiwillig) teilnehmenden Schülern ihre Glaubenswahrheit aus ihrer Innenperspektive heraus zu vermitteln.

[3] Zur anthroposophischen Lehre aus christlicher Sicht: https://www.evangelisch.de/inhalte/113473/01-06-2013/Anthroposophie%3A%20Religion%20im%20Widerspruch%20zum%20Christentum%3F

[4] Pressemitteilung des OVG Münster vom 22.12.2011, URL: http://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/01_archiv/2011/42_121222/index.php?print=1

[5] In NRW: § 43 SchulG NRW

[6] Wo sollen auch bei nicht abrahamitischen Religionen, die sich mithin nicht auf Bibel, Talmud oder Koran stützen, imperative Glaubenssätze herkommen? Hinsichtlich der anthroposophischen Lehre müsste man auf Schriften Rudolf Steiners oder seiner Vorläuferin, der russischen Theosophin Blavatsky zurückgreifen, vielleicht auf Reinkarnation und Karma. Hierzu ist es vor deutschen Gerichten bislang nicht gekommen.

[7] Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht aber nun (beim Arbeitsrecht) einschränkend EuGH, Az. C-68/17: Kündigung eines Chefarztes (Caritas) wegen Wiederheirat kann „Diskriminierung“ i.S.d EU-Rechts sein.

[8] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2000/bvg00-159.html

[9] Zusammenfassung der Randziffern 85 – 87 des Urteils durch Nr. 5. der Pressemitteilung des BVerfG. vom 19.12.2000 a.a.O.)

[10] URL: https://juergenfritz.com/2017/11/14/bataclan/

[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Kairoer_Erklärung_der_Menschenrechte_im_Islam#cite_note-5

[12] So explizit die Erklärung auf Wikipedia („Weltethos“)

[13] Raddatz a.a.O., S. 4

[14] C. Schirrmacher, Islamische Menschenrechtserklärungen und ihre Kritiker – Einwände von Muslimen und Nichtmuslimen gegen die Allgültigkeit der Scharia, Vortrag im Rahmen der Tagung „Sharia and Western Legal Systems“ des Instituts für Rechtspolitik (IRP) an der Universität Trier/Institute for Legal Policy, University of Trier, 30.-31. Oktober 2006, Trier.

[15] C. Schirrmacher „promovierte im Fach Islamwissenschaft an der Universität Bonn mit einer Arbeit zur christlich-islamischen Kontroverse im 19. und 20. Jahrhundert. Sie habilitierte sich dort mit einer Arbeit über die Positionierung einflussreicher muslimischer Theologen des 20. Jahrhunderts zu Religionsfreiheit“ (http://christineschirrmacher.info).

[16] Schirrmacher, Vortrag, a.a.O.

[17] Die „Religionsfreiheit“ könne nicht in Anspruch genommen werden, um den Staat und seine Rechtsordnung zu bekämpfen [Schirrmacher, in: Cicero 11/2016 (S. 118 f., 121), http://christineschirrmacher.info/wp-content/uploads/2016/12/Cicero_11-2016_118-121.pdf).] (Gerade das scheint das BVerfG in seinen Kopftuch-Beschlüssen nicht einzusehen.)

[18] Lukas Wick: „Islam und Verfassungsstaat“. Theologische Versöhnung mit der politischen Moderne? Ergon Verlag, Würzburg 2009

[19] URL: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/lukas-wick-islam-und-verfassungsstaat-religionsfreiheit-ist-kein-gottesgeschenk-1785872.html).

[20] R. Scholz, Gastbeitrag auf Focus-online vom 10.10.2015.

[21] https://www.idea.de/gesellschaft/detail/berlin-ex-islamist-wegen-christenfeindlicher-hetze-verurteilt-105900.html

[22] Wobei der EGMR insb. Art 17 EMRK heranziehen würde: „Diese Konvention ist nicht so auszulegen, als begründe sie für einen Staat (…) das Recht, eine (…) Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Konvention festgelegten Freiheiten (…) stärker einzuschränken, als es in der Konvention vorgesehen ist.“

[23] „Die Centrum-Moschee Rendsburg (Merkez Camii) (..:) wird von der Islamischen Gemeinde Rendsburg e.V. betrieben, die der IGMG zugeordnet ist.“ http://www.eslam.de/begriffe/c/centrum-moschee_rendsburg.htm;  https://de.wikipedia.org/wiki/Centrum-Moschee_Rendsburg

[24] https://de.wikipedia.org/wiki/Necmettin_Erbakan

[25] Hintergrundinformationen Ausländerextremismus, Auszug aus dem Verfassungsschutzbericht Berlin 2006, S. 238.

[26] Wulf Eberhard Schönbohm: Die neue türkische Regierungspartei AKP – islamistisch oder islamisch-demokratisch?; Konrad-Adenauer-Stiftung, Länderberichte, Sankt Augustin, 19. Februar 2003

[27] Zwar „schützt Art. 4 I GG gegen diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft.“ Aber: „Auch der neutrale Staat ist nicht gehindert, das tatsächliche Verhalten einer religiösen oder weltanschaulichen Gruppierung oder das ihrer Mitglieder nach weltlichen Kriterien zu beurteilen, selbst wenn dieses Verhalten letztlich religiös motiviert ist“ (Band 105, S. 279/ 293 f., Rz 53).

[28] https://de.wikipedia.org/wiki/Osho#Das_„Osho-Urteil“_des_deutschen_Bundesverfassungsgerichts

[29] C. Winterhoff, Rechtsgutachten zur Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit der Erziehung von Schulkindern an öffentlichen Schulen in Schleswig-Holstein zur Akzeptanz sexueller Vielfalt, 2016, im Internet als PDF verfügbar. Z. B. schlägt ein Leitfaden „Sexualpädagogik der Vielfalt“ für den Einsatz in Schule oder Jugendarbeit u. a. folgendes vor: Jugendliche der Altersstufe ab 15 Jahren bekommen die Aufgabe, einen bereits bestehenden Puff in einer Großstadt anhand eines vorgegebenen Grundrisses zu modernisieren. Ziel: „einen Puff für alle bzw. ein Freudenhaus der sexuellen Lebenslust zu kreieren“. (Tuider u.a.: Sexualpädagogik der Vielfalt (2012), S. 75–78, zit. nach: Institut für Glaube und Wissenschaft, Marburg, www.iguw.de, Gesellschaftlicher Wertewandel – Rechtswandel?, Prof. Dr. Albrecht Kuder, Stuttgart, S. 6).

[30] BVerfGE 24, 236/245 f. (´Aktion Rumpelkammer´) vom 16.10.1968

[31] BVerfGE (´Kopftuch´ I und II, 2003 bzw. 2015)

[32] Heinig, Staatskirchenrecht: Zukunftstauglich und doch in Frage gestellt? Das deutsche Religionsrecht angesichts gegenwärtiger Herausforderungen, Anwaltsbl. 2010, 579 f.

[33] Der Spiegel a.a.O.

[34] Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages Essen 2016, Dokumentations-Band II/1, Sitzungsberichte, Referate und Beschlüsse, Teil 5, S. 7 ff.

[35] Kritisch hierzu Hillgruber, Der deutsche Kulturstaat und der muslimische Kulturimport, JZ 11/1999, 538 f., der das Prinzip der Neutralität und ´Nichtidentifikation´ jedenfalls in der Schule nicht gelten lassen will (S. 547 und insb. Fn 64).

[36] John Locke, Über die Regierung (The Second Treatise of Government), (1690), Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart 1974, S. 101, URL: http://www.gewaltenteilung.de/die-zweite-abhandlung-ueber-die-regierung-the-second-treatise-of-government/)

[37] Abschied vom Gemeinschaftsvorbehalt erfolgte schon mit dem Lüth-Urteil von 1958 (BVerfGE 7, 198).

[38] „Es soll Gerechtigkeit geschehen – und gehe die Welt darüber zugrunde!“

[39] so Huster a.a.O., S. 200, ähnlich Dreier, Der freiheitliche Verfasungsstaat als riskante Ordnung, RW-Heft 1/2010, S. 11 f., insb. 21 f.; auch Sacksofsky, Czermak und viele andere.

[40] Der Spiegel, Heft 13/2007, Titel: “Mekka Deutschland. Die stille Islamisierung”. Artikel: „Haben wir schon die Scharia?”, S. 22 f.

[41] wie vom BVerfG 1952 beim SRP-Parteiverbot definiert (Band 2, 1 /12).

[42] Das betrifft auch aggressiven Anti-Nationalismus. Oder kindeswohlwidrige Pornografisierung Minderjähriger durch schulische ´Bildungspläne´. Z. B. schlägt ein Leitfaden „Sexualpädagogik der Vielfalt“ u. a. vor: Jugendliche ab 15 Jahren sollen einen bereits bestehenden Puff in einer Großstadt anhand eines vorgegebenen Grundrisses modernisieren. Ziel: „einen Puff für alle bzw. ein Freudenhaus der sexuellen Lebenslust zu kreieren“. (Tuider u.a.: Sexualpädagogik der Vielfalt (2012), S. 75–78, zit. nach: Institut für Glaube und Wissenschaft, Marburg, www.iguw.de, Gesellschaftlicher Wertewandel – Rechtswandel?, Prof. Dr. Albrecht Kuder, Stuttgart, S. 6).

[43] BVerfGE 111, 147 (´Wunsiedel´) bestätigte – entgegen Art 5 II und 3 III 1 GG – § 130 IV u. III StGB als „Sondergesetze“ gegen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Hingegen ist die BRD nach anfänglicher Neutralität – Verbot von SRP (1952) und KPD (1956) seit dem Marsch der ´68 durch die Institutionen auf dem linken Auge (fast) ´blind´.

[44] So auch C. Schirrmacher, in: Cicero 11/2016 (S. 118 f., 121).

[45] So auch Vosgerau a.a.O., S. 112.

[46] Der Spiegel a.a.O.

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4 Gedanken zu „Rechtsbeschwerde-Schrift im ´Moscheeschwänzer´-Fall“

  1. dem verfasser der beschwerdeschrift gilt meine ganze hochachtung. daher m u ß das beschwerdegericht ihr in jedem falle folgen, soll ihm nicht parteilichkeit vorgehalten werden. dann wären wir nämlich wieder dort angelangt, wo ein reichgericht unrechturteile gefällt hat!

  2. Gibt es für Kleinspenden zur Unterstützung der Weiterführung des Verfahrens eine Paypal-Adresse?

    Dürfte ich im Positivfall um eine entsprechende Nachricht per Email bitten?

    Besten Dank.

    MfG Falk Kuebler

    1. Sehr geehrter Herr Kuebler,
      vielen Dank!
      Für Spenden für die Eltern bzw. den „Rendsburger Schulschwänzer-Fall) bitte ausschließlich folgendes RA-Ander-Konto verwenden:

      RA Alexander Heumann (Anderkonto)
      Deutsche Bank Düsseldorf
      IBAN: DE40 3007 0024 0488 3146 00
      (Verwendungszweck: „Rendsburger Moscheeschwänzer-Fall“)

      Wer nichts erübrigen kann, mag den Spendenaufruf verteilen.

      Dafür bedanke ich mich im Namen der Mandantschaft schon jetzt im Voraus!

      Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Alexander Heumann

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