Zukunft der AfD: Operation geglückt – Patient tot?

Zugleich eine Kurz-Rezension zu Sebastian Maaß´ „Die Geschichte der neuen Rechten in der Bundesrepublik Deutschland“

Von Alexander Heumann

In einer Zeit, in der man am Rechtsstaat zweifeln muss, weil Meinungsdelikte – und zwar ausschließlich ´rechter´ Couleur – unbedingter verfolgt werden, als Raub, Vergewaltigung oder Kopftreterbanden;
in einer Zeit, in der sich ein ´Antifaschismus´ – mitunter selbst in seiner militanten Ausprägung – in der politischen Mitte der Gesellschaft angekommen wähnt, finanziell von Regierungsministerien unterstützt und von einer links-liberalen intellektuellen ´Avantgarde´ im Verein mit steuerfinanzierten ´Extremismusforschern´ beklatscht und pauschal gegen ´Rechte´ aufgehetzt wird;
in einer Zeit, in der man sofort laut über Einschränkungen des Demonstrationsrechts nachdenkt, sobald eine Kundgebung sich gegen Salafisten richtet und mehr als die übliche Handvoll Aktivisten anlockt (nicht weil die ´Kollateralschäden´, soweit die Medien darüber berichteten, im Vergleich zu den üblichen linken oder jüngst zu beobachtenden muslimischen Großaufmärschen objektiv größer wären oder erschreckendere Parolen skandiert wurden – was kann erschreckender und bestürzender sein als „Juden ins Gas!“ auf deutschen Straßen?! -, sondern schlicht, weil sie als ´rechts´ (statt ´links´) empfunden werden);
von einer solchen Zeit lässt sich sagen: Nie war nüchterne politische Bildung so wertvoll wie heute – und dass sie daher wohl einer der vornehmsten Aufgaben des konservativen Flügels – nicht zuletzt auch der „Patriotischen Plattform“ (PP) http://patriotische-plattform.de/ in der AfD ist oder sein sollte.

Ohne tiefgreifende, nicht revolutionäre, aber doch zumindest system- und medienkritische politische AUFKLÄRUNG, insbesondere des werteschaffenden Teils der Bevölkerung, der sich zum Großteil immer noch in einer Art Schlaf des Gerechten und Fleißigen befindet, wird die AfD – als ´letzte Hoffnung kurz vor 12´ – ihren Anspruch, zu einer neuen ´Volkspartei´ zu werden, um substantiell etwas an Deutschlands Lage ändern und den Gefahren für die Nation, die längst die Spatzen von den Dächern pfeifen, entgegenwirken zu können, nicht einlösen können. Spätere Generationen werden die Erfolge der AfD letztlich nur an DIESEM Maßstab messen wollen: Wurde der ´Erfolg´ der AfD durch (zuviel) Anpassung erkauft – nach dem Motto: Operation geglückt/ Patient tot – oder konnte Substantielles für DEUTSCHLANDS Zukunft erreicht werden?

In punkto politische Aufklärung bewerkenswert ist das in Kürze im Regin-Verlag erscheinende Buch des jungen Historikers und Politikwissenschaftlers Sebastian Maaß, geb. 1981, http://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Maa%C3%9F, der als erster „DIE GESCHICHTE DER NEUEN RECHTEN in der Bundesrepublik Deutschland“ niedergeschrieb, eine – so deren „Einleitung“ – „auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit stehende Ideenströmung, die liberal-konsensorientierte Anschauungen und totalitäre Bestrebungen rechter und linker Ausprägung gleichermaßen ablehnt.“ Ein hervorragendes, unaufgeregtes, aber anregendes Buch, dem man akribische Recherche und Bemühen um Objektivität in jeder Zeile anmerkt, das ich nicht nur PP-Mitgliedern wärmstens empfehlen möchte.

Maaß´ Unterfangen, dies´ dicke Brett zu bohren, schließt eine Lücke in Forschung und Ideengeschichtsschreibung; es verdient schon wegen des erforderlichen Mutes Anerkennung. Zumal zuvor seine Oswald-Spengler-Biographie von dem renommierten Verlag Duncker & Humblot wenige Monate nach Erscheinen aus dem Programm genommen wurde („Obwohl in dem Buch selbst keine extremistischen Positionen vertreten werden, verwahrt sich der Verlag mit diesem Schritt ausdrücklich gegen eine Vereinnahmung für die politische bzw. ideologische Agenda des Autors“) und der Extremismusforscher Eckhard Jesse, Autor des Verlags, Maaß jüngst vorwarf, in seiner Dissertation zur Geschichte der Neuen Rechten »unwissenschaftlicherweise rechtsextreme Apologetik« zu betreiben und sogar den Abbruch dessen Promotionsverfahrens erwirkte. https://www.duncker-humblot.de/index.php/profile/news/read/id/116

Offenbar ist die griffige Formel von Immanuel Kant (1724 bis 1804) zeitlos gültig: »Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen.«

Solange angebliche „Wissenschaft“ alles, was ihr unliebsam ist, allein mit dem Argument angeblicher „Unwissenschaftlichkeit“ – ohne Beleg – exkommunizieren kann, fragt sich, ob das Zeitalter von Vernunft und Aufklärung http://www.wissen.de/bildwb/die-aufklaerung-das-zeitalter-der-vernunft noch gar nicht abgeschlossen ist oder es sich in einem dialektischen Prozeß selbst ad absurdum geführt hat.

Jedenfalls ist nun mit der „Geschichte der neuen Rechten“ statt „unwissenschaftlicher rechtsextremer Apologetik“ eine grundlegende, fesselnd geschriebene politische Ideengeschichte auf universitärem Niveau entstanden, mit der Maaß wissenschaftliches Neuland betritt und die wohl sinnvoller Bestandteil gymnasialer curriculae für (Zeit-)Geschichte wäre. Sie hält sogar mehr, als ihr Titel nach verspricht: Denn zum einen werden auch solche wichtigen politischen Denker und Akteure porträtiert, die als ´Grenzgänger´ nicht nur ´rechte´, sondern auch ´linke´ Ideen weiterentwickelten; nicht zuletzt durch den empathischen Nachvollzug dieser politischen Grenzüberschreitungen erhält das Buch seinen historisch-politischen Nährwert und ist auch bei der eigenen Verortung im politischen Raum hilfreich.

Zum anderen handelt das Buch nicht nur von der Zeit ab 1945, wie der Titel nahelegt, sondern auch von der sog. ´Konservativen Revolution´ (KR) aus der Weimarer Republik, ohne die die ´neuen Rechten´ geistesgeschichtlich wohl nicht zu verstehen sind. Verdeutlicht werden die vielfältigen Anleihen bei der ´KR´, deren Vertreter dem Nationalsozialismus stets ablehnend gegenüberstanden, aber auch, dass eine stete Warnung vor Nostalgie für wichtig erachtet wird – und wie, mit welchem bisherigen Erfolgen und Zukunftsaussichten nach wie vor nach einem sog. politischen ´dritten Weg´ zwischen den Mißgeburten der aufklärerischen Revolutionen seit 1789
– Atheismus, Relativismus, Materialismus, National-Sozialismus, Faschismus, Stalinismus, Raubtier-Kapitalismus, Globalismus, Liberalpopulismus, Konsum- und Hedonismus, – gesucht wird. Auch die Alternative für Deutschland /AfD konnte hier natürlich nicht unerwähnt bleiben.

Die sorgfältigen Porträts von Persönlichkeiten, die vielen Konservativen heutzutage geistige Nahrung zuführen, wie etwa Karlheinz Weißmann, Thorsten Hinz und anderen im Umfeld der Zeitschriften „Sezession“ http://www.sezession.de/ und „Junge Freiheit“ http://jungefreiheit.de/, aber auch unbekannteren interessanten Publizisten wie der Düsseldorfer Rechtanwalt Björn Clemens, der jüngst mit dem sehr lesenswerten „deutschen Justizroman“ „Pascal Ormunait“ an die Öffentlichkeit trat, http://www.amazon.de/Pascal-Ormunait-Ein-deutscher-Justizroman/dp/3941094076/ref=sr_1_1/277-5997184-0028135?ie=UTF8&qid=1415516492&sr=8-1&keywords=pascal+ormunait machen das Buch zu einem ungewohnten Lesevergnügen.

Vermisst habe ich ein Porträt des leider lediglich in einer Fußnote erwähnten konservativen Soziologen und Politologen Manfred Kleine-Hartlage –http://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Kleine-Hartlage, http://korrektheiten.com/tag/manfred-kleine-hartlage/; hiermit wird man diesem von Mainstream-Medien geflissentlich verschwiegenen, (dessen Argumentationsniveau sie wohl nicht gewachsen wären), gleichwohl aber einflußreichen Denker m. E. nicht gerecht.

Ebenso von zeitgeschichtlichem Interesse wäre ein Porträt des Staatsrechtlers Karl Albrecht Schachtschneider (geb. 1940), EU-Kritikers der ersten Stunde, der schon gegen das deutsche Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Maastricht („Staatsstreich von oben“) und viele weitere Verfassungsbeschwerden einlegte. http://www.kaschachtschneider.de/

Interessant erschiene mir darüber hinaus, der Frage nachzugehen, ob und inwieweit auch der Herausgeber des sich mutig vom Mainstream abhebenden Periodikums ´Compact-Magazin´ https://www.compact-online.de/, Jürgen Elsässer, der ´neuen demokratischen Rechten´ zuzuordnen ist, obzwar – oder gerade weil – Elsässer stets dafür plädiert, politische Orientierungsraster wie ´links´ oder ´rechts´ als überholt zu betrachten.

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